ET plus 9 1/2

Lustig zum Schreiben bin ich immer noch nicht. Ich habe keine Lust auf
ein Gezwitschertes ala „Die Zeit ist doch absehbar./ Kopf hoch!/ Hast es
bald geschafft.“ Denn ich denke niemand befindet sich in meiner Situation.
Oder heißt jemand außer mir Hitze, ist 24, hat zwei kleine Kinder und
wartet unter zunehmenden Schmerzen auf Kind III?!
Der aktuelle Stand ist körperlich: Die Wehen nehmen zu, Tag für Tag. Auf
dem CTG am Samstag waren Mörderteile dabei, die sich auch so anfühlten.
Tom ging es gut, deshalb heute wieder zum Arzt und ob sie es glauben
oder nicht, ich hatte Wehen mit Pausen von einer (EINER!) Minute. Ich
spürte das, konnte es nicht glauben, aber so war es. Und so ziehen sich
die Tage eben. Wehen, Wehen und Wehen mit Wehen. Wenn sie zwei
Stunden regelmässig kommen und ich überlege ob es vielleicht jetzt los
geht, schwächen sie doch wieder ab, werden unregelmässiger, um innerhalb
der nächsten Stunden wieder regelmässig zu schmerzen. Dazu Kreuzbein-
schmerzen und Ischiasbeschwerden und der Druck des großen Kindes nach
unten ist mörderisch. Ich kann kaum noch liegen oder sitzen.
Seelisch: Es zermürbt. Ich hatte schon lange nicht mehr so viel Streit mit
meinem Mann. Ich mag niemanden mehr hören oder sehen. Deshalb blogge
ich wohl so ungern im Moment. Ich finde das unfair und bin verzweifelt. Nicht
weil sich andere Vordrängeln, sondern weil ich so eine fröhliche Vorzeige-
Schwangere war.
Weitere Enttäuschungen: Meine Ärztin ist einfach im Urlaub, das erfuhr ich
heute morgen. Die andere Ärztin legte mir eine Einleitung ans Herz. Ich solle
morgen in die Praxis kommen und das mit den Herren besprechen, die wären
dann sowieso für die Einleitung zuständig.
Opptionen: Enleiten lassen? Ungern. Aber ich kann mich kaum noch schmerzfrei
bewegen- die Kinder nicht mehr versorgen. Wenn ich mir meinen Mann zur
Hilfe hole, verkürzt das den Urlaub, den wir mit Tom hätten. Dazu die alten
Schuldgefühle wegen Noah’s Geburt bei 37+1, die eingeleitet wurde, wegen
dreimal dürfen sie raten: Wehen ab der 32. Woche (und zuviel Fruchtwasser).
Noah brauchte ein paar Tage um in der Welt anzukommen ohne uns im
Wärmebettchen, später bekam er eine Milchallergie. Und wie jede Mutter sucht
man da den Zusammenhang.
Abwarten? Wie lange, wann werde ich gar nicht mehr schlafen können? Wer
bringt meine Kinder ins Bett? Holt Zoe ab? Soll ich Zoe hier behalten? Wer erträgt
mich hier?! Es ist schwierig. Weil jede Mama sich wohl wünscht, das Kind möge
sich den Zeitpunkt aussuchen. So kurz vorm Ziel aufgeben? Auf der anderen
Seite, bin ich die starke, die sich gegen gutgemeinte Still- Ratschläge ala
„Da musst du eben 8 Wochen kämpfen!“ laut ruft „Wieso? Warum soll ich das
meinem Kind antun?“ Und entscheide mich dagegen. Warum kann ich das bei
dem Thema nicht?
Alternativen: Ich habe unter hin und her überlegen nochmal den Wehen-Tee
gekocht. Habe große Angst, dass das die wilden, nutzlosen aber schmerzhaften
Wehen verstärkt. Trinke soeben vorsichtig eine Tasse. Ansonsten gibt es da
noch Rizinusöl, aber ehrlich gesagt, hab ich Angst, dass das alles Dinge sind, die
nach hinten losgehen können… Und die Geburt nicht einläuten, sondern einen
nur noch ängstlicher werden lassen und einen schwächen, weil sie die
falschen Wehen ankurbeln?!

10 Kommentare

  • Pampersfront

    Ach liebe Kassiopeia!!! Ich kann dich so gut verstehen. Als ich über den Termin ging, war ich anfangs noch lustig, dann wurde ich immer frustrierter, ja und als Sandy noch vor mir ihre Tabea bekam, war ich frustriert, der Urlaub von meinem Mann ging vorüber und keine einzige Wehe war zu sehen. Ich wollte nicht mehr aus dem Haus, mixte den Cocktail, lief Treppen auf und ab und haderte echt mit dem Schicksal. Ja ich war fertig, warum wollte das Kind nicht auf die Welt kommen… Man konzentriert sich so auf diesen ET-Tag und die 2-3 Tage danach und wenn das Kind dann immer noch nicht da ist, die Anrufe kommen, ob man vergessen habe anzurufen und was es denn jetzt sei Bub oder Mädchen und man in Tränen ausbricht, weil man immer noch schwanger ist…ach, ich versteh dich. Und du hast noch 2 Kinder, die du versorgen musst…

    Ich wollte dir nur sagen, dass sich Tom den Moment, wo er auf die Welt kommt, selbst aussucht, vielleicht heute, vielleicht morgen, ja vielleicht wird eingeleitet. Nicht jede Einleitung ist gleich, vielleicht braucht er nur ein wenig Starthilfe um selbst den Weg auf diese Welt zu finden.

    Ich denke jedenfalls sehr oft an Dich und wünsche Dir alles Gute & ein wenig Galgenhumor…

  • Andrea

    Ich kann deine Sitation überhaupt nicht nachvollziehen, da ich ja zwei geplante Kaiserschnitte hatte. Daher werde ich hier einfach nur schreiben, dass ich wirklich oft an dich denken muss und dir ganz fest die Daumen drücke, dass der Spuck endlich bald vorbei ist. Ich sende dir Kraft und Ausdauer für dich, Geduld und Verständnis für dein Umfeld und drücke dich ganz, ganz fest in Gedanken.
    Alles Liebe!!!

  • kassiopeia

    @Pampersfront: Es tut so gut das zu lesen!

    Ich bin ein bißchen verunsichert, weil man ab morgen von einer Übertragung
    spricht. Nun hab ich Angst, dass ich Tom gefährde. Ich werde meinen Mann
    die gleichen Passagen lesen lassen und lange mit ihm reden. Wir müssen
    und wohl oder übel entscheiden!

  • Giftzwerg

    Liebe Jeanine – Mensch, bist Du tapfer! Ich glaube, ich hätte nicht so lange ausgehalten – bald zehn Tage, das ist pervers.
    Ich kann mir unheimlich gut vorstellen, dass Du tierisch gereizt bist. Nichts mehr mit „sein eigener Planet“, hm? Wohl eher „seine eigene Supernova“…
    Diese ganzen „Hausmittelchen“ ziehen nach meiner bescheidenen, aber dennoch gegebenen, ein-Kind-Erfahrung nur, wenn das Kind ohnehin kommen will. Aber wenn „es ohnehin kommen will“ braucht man schon fasr keine Hausmittelchen…

    Aber im Ernst – was spricht gegen eine Einleitung? Ich glaube nicht, dass das für das Kind einen großen Unterschied macht – nicht mehr in diesem mehr als nur fortgeschrittenem SS-Stadium.
    Ich denke aber, dass es insgesamt sehr wohl einen Unterschied macht. Du bist ziemlich fertig mit den Nerven, möchtest auch Deine anderen beiden Krümel bald wieder etwas beweglicher (ist mir sowieso ein Rätsel, wie Du das in den letzten vier Wochen geschafft hast…) versorgen und Deinen Mann vielleicht ein bisschen weniger anpflaumen. Außerdem geht´s doch körperlich langsam gar nicht mehr gut.
    Kurz – es würde einen Unterschied machen, denn es würde Dich ein bisschen schonen und Dir die letzten paar Reserven, die Dir noch geblieben sind für die Geburt lassen.

    Ich habe ehrlich den allergrößten Respekt vor Deiner Stärke. Haben wahrscheinlich alle, allen voran sicherlich Dein Mann. Eine Einleitung sehe ich nicht als Aufgeben, sondern einfach als eine Entscheidung, die mir persönlich in der Situation als die cleverste scheint.
    Es gibt auch Kinder, die noch länger übertragen wurden und am Ende eingeleitet werden mussten. Die haben sich den Zeitpunkt der Geburt auch nicht aussuchen wollen oder können, aber am Ende stand trotzdem fest, dass die Einleitung auch für die Kinder eine gute und richtige Entscheidung war. Damit will ich nicht sagen, dass jetzt bestimmt das Kleine in Gefahr ist und Du einleiten musst (so etwas können ganz sicher ganz andere Leute wesentlich kompetenter beurteilen) – sondern, dass einfach niemand weiß, WARUM Klitzeklein noch keinen Startschuss gegeben hat und man daraus nicht zwangsläufig schließen muss, dass er noch nicht bereit ist.

    Wie auch immer Du Dich entscheidest – Schuldgefühle brauchst Du ganz sicher bei beiden Wegen nicht haben.
    Ich wünsche Dir für den Weg, den Du letztendlich wählst, viel Kraft. Ich denke hier den ganzen Tag an Dich.

    ((Übrigens ist hier heute ein ganz wundervolles Päckchen angekommen und ich soll Euch von Emma ausrichten, dass sie sich ganz wahnsinnig gefreut hat. „Die sind soooo toll“ soll ich sagen ;) Dankeschön!)

  • Daniela

    liebe kassiopeia

    einwenig nachvollziehen kann ich deine situation, das warten zerrt an den nerven und an der kraft und die braucht man doch so dringend zum gebären.
    man macht sich sorgen ums kind, geht’s ihm gut, ist es noch genügend versorgt?
    ich hatte tierische angst vor einer einleitung, wieso kann ich eigentlich gar nicht mehr sagen, wollte das sich kim von selbst auf den weg macht, sie hat ihre letzte chance genutzt und kam 14 tage nach termin. am abend vor der einleitung habe ich rizinusöl mit cognac genommen und anschliessend noch ein glas champagner getrunken, ob das den ausschlag gab … weiss wohl niemand!
    ich denke weiterhin viel an euch beide und wenn tom dann da ist, so blöd es klingt, ist es etwas ganz besonderes dass du dich so lange gedulden musstes und du wirst noch oft mit einem lächeln an diese tage zurück denken.

  • Corinn

    Oh Mann, die Situation kommt mir auch so bekannt vor, nur das ich nichtnoch zwei Kinder zu versorgen hatte.Als Conrad vor 2,5 Jahren zur Welt kam habe ich ihn gegen den Willen meines FA, aber mit Zustimmung der Oberärztin im KH 14 Tage übertragen, trotz seiner erheblichen Größe. Ich hatte vorher nicht eine kleine Wehe, es wurde eingeleitet und es wurde ein Kaiserschnitt. Johann war auch groß, aber nicht so wie sein Bruder. Als der ET da war und immer noch keine Wehe meinte ich schon, das mich mein Körper doch im stich lässt. Aber die nächsten Tage waren anders und dann am ET+6 konnte ich Johann spontan und ohne irgendwelche Mittelchen gebären. Als er raus kam, meinte die Ärztin noch, das er noch ein bisschen gekonnt hätte. Aber er hat es ja angestoßen… Wenn Du es noch aushälstwartenoch ein paar Tage und nach 14 Tagen kannst Du Dir sagen,dass es eigentlich des Wartens genug war.Alles Gute und viel Kraft. Schaka!

  • Silberpfeil

    Liebe Kassiopeia

    Ich kann Dich gut verstehen. Bei mir war es ähnlich. Nur hat sich dann am Schluss herausgestellt, dass gar nicht unsere Kleine nicht wollte, sondern das mein Becken viel zu schmal war.
    Aber das Problem hast Du ja nicht..
    Ab einem gewissen Zeitpunkt, wird eine Einleitung wohl besser für alle Beteiligten. Denn wenn Du nervlich und körperlich am Ende bist, kann das Eurem Tom ja auch nicht gut tun.

    Ich drück Dir ganz fest die Daumen. Wir kommen eh nicht zum Schlafen, da unsere Kleine Ohrenweh hat. Habe also viel Zeit um an Dich zu denken.

  • Katrin

    oh doch… ich kann dich gut verstehen. Ich habe zwar keine 2 Kinder, aber ein 17 Monate altes UND einen Hund und 2 Katzen (das zählt fast wie 1 Kind). *g*
    Und auch ich hatte heute schon ein seelisches Tief und hab meinem Mann was vorgeheult. Ganz zu schweigen von meiner wunderbaren Laune, die ich mit vorliebe an ihm rauslasse. :-( Auch wenns mir leid tut, aber ich kanns nicht zurückhalten.
    Auf Durchhalteparolen will ich jetzt verzichten, weil ich die auch nicht mehr hören kann…
    Möchte dir einfach nur sagen, dass ich deine Situation nachvollziehen kann und mir deine Gedankengängen sehr bekannt vorkommen. Fühl dich verstanden und gedrückt. :-)