Erste Hilfe am Kind

Im letzten Jahr machte ich mit Emil und meiner Schwiegermama einen Erste Hilfe Kurs am Kind. Für mich war das Auflage der Tagesmutterausbildung, zudem reizte es mich sehr, gerade bei fünf Kindern mein Wissen mal wieder etwas aufzufrischen. Wie viel davon übrig bleibt, sieht man leider oft kurz nach Kursende. Vor drei Wochen war meine Mama zu Besuch, frisch aus eben solch einem Erste Hilfe Kurs (für Erwachsene) und wir überlegten beide, wie das nochmal war bei der Wiederbelebung. (30 Druck-Massagen, dann 2 Mal beatmen im raschen Wechsel, egal wer.)
Trotzdem finde ich so einen Kurs generell total gut, man hat alles mal gemacht und es bleibt immer etwas hängen. Bei mir zum Beispiel als Emil einen Pseudokrupp Anfall hatte und ich noch im Kopf hatte, wie das klingen würde… Alles schon mal gehört, ich fühlte mich immer noch überrumpelt, wäre ich jederzeit wieder, weil es um mein Kind geht, aber ich hatte es im Kopf.

Gestern im Deutschen Museum verletzte sich ein Kind an der Hand, nur leicht. Es hatte sich eingezwickt und an der Stelle war die Haut letztendlich aufgerissen und blutete ganz wenig. Das Kind fragte mich nach einem Pflaster, aber ich hatte leider keines da. Außerdem war ich abgelenkt. Mein Fokus lag bei Emil, dem schwächsten Glied unserer 10 Kinder unterwegs. Zumindest dachte ich das. Er lief durch die Gegend und das Museum wollte gerade schließen. Der Junge aber, das bekam ich schon mit, wurde unruhig. Er ergriff meine Hand, aber ehrlich gesagt war mir das fast zuviel, weil ich eben so angespannt war für den Moment. Ich ließ ihn an meiner Hand und sah mich um, bat Zoe ein Auge auf Emil zu werfen. Der Junge redete immer seltsamer, erzählte noch was von seinen Augen und „das passiere ihm immer“ und in einem Bruchteil einer Sekunde hörte ich den dumpfen Knall seines Kopfes auf dem Fliesenboden. Er war umgekippt. Ich dachte in dem Moment nicht nach. Ich hatte im Kopf zwar die Worte Atmung, Herzschlag, aber das Erste, was ich tat, war ihn in die stabile Seitenlage zu bringen, obwohl ich nicht mal wusste, wie das ging, ich wusste nur, ich muss was tun und das hatte ich gelernt, irgendwas tun- da sein, man kann nichts falsch machen. Leute gingen an uns vorbei. Und taten nichts, ich nahm sie nur am Rande war und erinnerte mich erst nachts an sie, als ich nach dem Tag nicht in den Schlaf fand. Eigentlich erschreckend, da lag immerhin ein kleiner Mensch am Boden.
Ich drehte ihn also auf die Seite und vielleicht war das nicht klug, ich hätte erst überprüfen müssen, ob er atmet, aber ich vermute mein Hirn hatte noch seine Worte und sein Verhalten im Kopf. Da waren auch Fetzen von lieben Internetmenschen, die einem Epileptiker vor kurzem Helfen mussten… und ich wartete auch irgendwo, ob er noch zuckt, irgendetwas noch passiert, aber in dem Bruchteil geschah nichts. In dem Moment, in dem ich ihn auf die Seite drehte, mich ihm zuwendete, kam er wieder zu sich. Noch benommen, aber er war wieder da. Ich war so erleichtert. Wir päppelten ihn auf und er erzählte mir dann, dass ihm das öfter passiert, wenn er Blut sieht. Vom Gefühl her, rief ich seine Mutter also nicht an und suchte das Gespräch abends, blieb beim Kind und sprach mit ihm.
Das Traurige war wohl, dass das stimmte mit dem Blut nicht sehen können. Die Mama des Kindes wirkte beschämt, wenn auch nur leicht und entschuldigte sich, dass mir ihr Kind so einen Schrecken eingejagt hatte. Aber der kleine Kerl konnte ja gar nichts dafür. Ich kann nicht mal der Mutter einen Vorwurf machen, weil sie es nicht erwähnt hat, sie wird ihre Erfahrungen gemacht haben, so wie alle Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind hin und wieder. Das macht mich eigentlich traurig, weil ich niemand bin, der sich was draus macht. Ich habe mit tollen Kindern in der Heilpädgogischen Tagesstätte gearbeitet, wir haben alle Ecken und Kanten und ich würde nie ein Kind ausgrenzen, weil es zum Beispiel ein Handycap hätte- solange mein Kind das andere gern einladen möchte, bin ich dabei.
Aber hätte diese Mama es vorher erwähnt, hätte ich natürlich anders reagieren können, ich hätte besonders darauf achten können, hätte gewusst, dass er in dem Moment, das schwächste Glied in unserer Gruppe war, als er verletzt wurde und ich hätte ein Erste Hilfe Set dabei haben müssen mit Pflastern.
Ich habe vieles unserer Kinder auch immer an Lehrer und Erzieher weiter gegeben, weil es mir wichtig ist. Egal ob das jetzt doof aussieht oder nicht. Leider versteh ich die Mama aber auch.
Ein Post über mehr Mitmenschlichkeit, mehr Feingefühl, mehr Offenheit und den Tipp (auch an mich selbst) -erneut- einen Erste Hilfe Kurs zu besuchen.

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