39+0

Ich komme mir vor wie eine Katze oder ein anderes Tier, dass durch die Gegend stromert, auf der Suche nach einem geeigneten Platz für die Niederkunft. Nur das es bei mir nicht an dem richtigen Platz mangelt, sondern gefühlt an der Zeit.
Meine Schwiegermama ist eine der Hebammen die sagen, dass die Frauen nur nieder kommen, wenn es passt, zum Beispiel, wenn die Lieblingshebamme Dienst hat oder oder.
Jetzt wird es viele Frauen geben, die eifrig oder selig zustimmend mit dem Kopf nicken, andere schütteln vielleicht heftig mit demselben, weil ihr Kind mitten im größten Chaos den Weg ans Licht der Welt gesucht hat…

Vielleicht behält sie am Ende recht und Anton bleibt in meinem Bauch bis sie zurück aus dem Urlaub ist, das wäre nächsten Samstag, vielleicht aber auch nicht und es ergibt sich an anderer Stelle ein geschützter Rahmen, um mir Zeit zu nehmen dieses Kind zu bekommen.

Zeit ist in einer Familie wie unserer ein sensibles Konstrukt. Zum einen für die Seele, wie das Erreichen einer bestimmten Schwangerschaftswoche, nur damit das Kind im Bauch optimale Vorraussetzungen für das Leben ausserhalb des Mutterleib hat, so wie es bei uns der Fall war. Ich weiß nun rückblickend warum ich so nieder geschlagen war nach dem Erreichen der 37+0. Mein Ziel war erreicht, ich war mental erschöpft und es passierte nichts. All die Sorgen lösten sich auf und ich musste mich selbst neu finden in meiner Rolle als ganz normale Hochschwangere. Als die 38+0 dann erreicht waren, wusste ich intuitiv, dass unser Sohn nicht deutlich eher kommen würde, ich entspannte mich. Einzig und allein die Schmerzen machten mir einen Strich durch die Rechnung.
In dieser Woche gab es noch einmal viele Termine und nachdem am Montagabend mit Schmerzen so ein weiterer Höhepunkt erreicht war, ebbte alles wieder ab und ich hatte Energie für die Woche. Bis gestern.
Der andere Zeitfaktor in unserer Familie ist pures Management. Wir haben unseren Sommerurlaub legen müssen ohne zu wissen, wann unser Sohn den Weg zu uns findet. Wir fahren Mitte August ab. Je älter er zu diesem Zeitpunkt sein wird, umso besser für ihn nehme ich an. Aber natürlich auch für mich. Als frühe Wöchnerin möchte ich nicht über 12 Stunden ans Meer fahren. Optimal wäre, wenn die Geburt um die 4 Wochen her wäre, dann hätten wir beide genug Zeit gehabt einander zu finden, in der Welt anzukommen und zu heilen.
Wir haben dann vor als Familie 4 Wochen weg zu sein in der Elternzeit des Mannes. Wenn wir zurück sind, ist einen Tag später die Einschulung des Vorschulkindes und dann geht der Alltag wieder los. Gut geplant in Theorie. Jeder Tag zu früh geboren hätte bedeutet, der Mann hätte noch zusätzlichen Urlaub nehmen müssen, um die restlichen Ostseetage abzudecken. Jeder Tag den Anton im Bauch bleibt, entspannt die erste Schulwoche aber macht es auch schwieriger und anstrengender mal eben 1000km weg zu fahren.
Um mich für die Geburt zu entspannen war ich dann gestern bei meiner Zahnärztin. Die mir meinen Verdacht bestätigte, nämlich dass nur weiterhin mein Weisheitszahn, der unten quer liegt für meine Schmerzen verantwortlich sei. Naja fast, sie erwähnte nun erstmalig und nebenbei, dass der Zahn davor schon Karies hätte, weil sich dort ja Bakterien sammeln zwischen beiden Zähnen. Und sie erwähnte das erste Mal, dass ich das ja hätte durch aus auch schwanger machen lassen können. Also den Weisheitszahn raus operieren lassen und den Backenzahn behandeln, nun wäre ihre Empfehlung und sie sagte das als sei es ein Klacks, dass ich das nun eben mit frisch geschlüpften Baby machen müsste, am besten gleich eine Woche nach der Geburt.
Man kann sich glaube ich nicht wirklich vorstellen, welche Gedankenzüge da alles gleichzeitig abgefahren sind. Zum einen natürlich mein eigener Zug, voller Hoffnung und Sehnsucht nach Ruhe im Wochenbett und Genuss! Das ist eine einmalige Zeit und ich mag in Ruhe ankommen und Heilen. Ich habe große Schmerzen nach der Geburt, die Nachwehen werden mir wieder stark zu schaffen machen. Ich mag mich dann nicht nebenbei in eine Arztpraxis quälen, dort warten, mich ein bißchen aufschneiden lassen, an mir rumpulen und einen quer liegenden Weisheitszahn womöglich teilen und entfernen zu lassen, um dann Heim zu gehen und die ersten 24 Stunden wimmernd die nächsten Schmerzen auszuhalten. Während ich Schmerzmittel brauche, die nicht unbedingt ideal für mein winziges Baby sein werden. Damit wäre es dann nicht mal getan. Ich müsste eine Woche heilen, um dann zur Zahnärztin zu gehen, die dann ihren Behandlungsplan starten würde. Was vielleicht mit einem Termin nicht erledigt ist, denn der Zahn reagierte nicht mehr groß auf Kälte, ich bin da nicht sehr zuversichtlich. Genau das wollte ich alles nicht. Das ist mein größter wunder Punkt, was hab ich da schon durch? Jedenfalls ab von all diesem emotionalem Balast bleibt auch hier nur ein winziges Zeitfenster, denn wir fahren ja weg, vier Wochen und mit „Pech“ bleiben davor nicht mal ganz drei Wochen Zeit sich um die Zähne zu kümmern.
Natürlich möchte ich auch nicht, dass die Schmerzen schlimmer werden und ich am Ende meinem Kleinstbaby immer zu durch die Muttermilch Schmerzmittel mitgebe, damit ich die Tage aushalte. Aber meine Familie braucht diesen Urlaub! Es ist der erste überhaupt in diesem Jahr und jeder einzelne hat ihn verdient! Also hängen wir in der Luft, anrufen muss ich in der Praxis aber eh noch und nachfragen, ob die nicht auch Schließzeiten im Sommer haben.

Als ich dann gestern Heim kam und meine Gedanken sortieren wollte, dann der schlimmere Schreck: Unser Vorschulkind wäre im Kindergarten einfach so umgekippt. Einfach so. Der beste Vater meiner Kinder, kam dann also doch wieder sofort nach Hause, schnappte sich das Kind, dass die Erzieherinnen zu uns gebracht hatten und fuhr zum Kinderarzt, wo das Kind gründlich untersucht und ein EKG geschrieben wurde. Nun stand die Theorie im Raum es könnte ein Darminfekt gewesen sein und das Wasser im Körper hätte sich dort gesammelt und zum Kreislaufzusammenbruch geführt haben, aber außer ein paar Toilettengängen morgens, hatte er nichts mehr weiter. Alles sehr seltsam und auch das erste unserer Kinder, das erste Mal so generell, dass eines unserer Kinder einfach ohnmächtig wurde. Auch das führte dazu, dass ich gestern um dieses Kind schlich, es immer wieder ansah und hoffte, es möge nichts mehr passieren. Man steckt einfach nicht drinnen, man weiß nicht was los ist und es ist alles so neu. So verpasste das Vorschulkind die Übernachtung seiner Kollegen im Kindergarten und das Frühstück heute morgen, was ihn sehr mitnahm, auch wenn er versuchte tapfer zu sein. Der Kindergarten hat heute dann also zu und meine drei Jungs sind daheim. Ich bin immer noch ein bißchen vorsichtig und weiß, die Zeit macht das schon. Je mehr davon vergeht, umso besser fürs Mamaherz.

Aber was eben bleibt, ist dieses Gefühl: Wo soll man denn da ein Kind bekommen? Und so stromere ich weiter wie ein trächtiges Tier auf der Suche nach einem stillen Ort, Ruhe und Geborgenheit… Ich spüre, dass sich mein Körper vorbereitet, auch wenn ich das nicht mal so genau benennen kann, aber die Geburt steht bevor, wann ob in Tagen oder eineinhalb Wochen werden wir sehen, aber es tut sich was.
Morgen ist hier Straßenfest, das Tochterkind ist schon wieder bei einer Geburtstagsparty eingeladen, nächste Woche gibt es auch noch ein paar Termine, aber nichts was ich nicht gern abgeben tät…
Ich merke wie ich mich nach Rückzug sehne und einfach nicht finde, ich habe dann regelmässige Wehen, plötzlich fällt mir wieder was ein und sie hören auf. Die innere Unruhe wächst somit und ich spüre auch wie meine Nerven immer dünner werden, weil sich das eine oder andere verdammt falsch anfühlt und ich doch eigentlich unser Kind willkommen heißen möchte. Ein Wunsch mit dem ich natürlich nicht allein bin, alle hier sind aufgeregt und reden jeden Tag von Anton… Wartend und voller Liebe…

3 Kommentare

  • Schwesterherz

    Ich hatte ebend ein riesen Text geschrieben. -.- (Alles weg weil ich vergessen habe meine Emailadresse zu schreiben)

    Jetzt sag ich nur ein Stichwort : Hausgeburt?!

    Hab dich lieb :*

  • Gianna

    Huhu meine Liebe, vll erinnerst du doch noch an mich. Nun habe ich endlich mal wieder den Weg auf deinen Blog gefunden und was lese ich? Du bist schwanger!!!!
    Meinen herzlichen Glückwunsch auch wenn ich dir wohl bald erneute Glückwünsche senden kann.
    Alles Liebe für euch,
    Gianna