Ein Ultraschall- Model

Als meine Ärztin mir auf die Mailbox sprach, dass sie ein persönliches Anliegen hätte, es gäbe am kommenden Wochenende einen Ultraschallkurs für Orthopäden, in dem Rheumatologen diese anleiten, war ich hin und hergerissen. Erstmal pellte ich mich aus meiner Komfortzone, am Samstag die Familie, das Nest zu verlassen, aber es lockte etwas Neues. Dann überwand ich den Schweinehund, der säuselte: „Warum du? Soll das doch jemand anderes machen!“ und ich dachte an das unverschämte Glück, das ich gehabt hatte, innerhalb weniger Tage eine Rheumatologin gefunden zu haben, die mich ansehen wollte und mir noch sympathisch war. Ich wollte da so kitschig wie es klingt, etwas zurück geben und vielleicht auch so dazu beitragen, dass diese Erkrankung einfach schneller erfasst wird und dann weiter an die Profis, die Rheumatologen verwiesen wird, da oft Monate Ratlosigkeit und Schmerzen hinter einem Patienten liegen, bevor er eine Rheumadiagnose bekommt. Also hielt ich Rücksprache mit dem Mann, der ja in der Zeit genussvolle Zeit mit sechs Kindern allein haben würde und dann fügte sich noch, dass ich nicht die vollen drei Stunden modeln müsste, sondern es mir mit einer Patientin teilen könnte und ich dachte eineinhalb Stunden würden quasi verfliegen.
Ich machte mich also auf, ingesamt war ich mit Hin- und Rückweg etwa drei Stunden unterwegs von Tür zu Tür, anwesend nur die Hälfte der Zeit und die vergingen wirklich unheimlich schnell, im Nachhinein ärgere ich mich, nicht die volle Zeit anwesend gewesen zu sein, denn es war wirklich interessant menschlich, wie fachlich.

Ich bin ja eher ein zurückhaltendes Persönchen, also fasste ich mir ein Herz und betrat die Praxis, in der schon viele Menschen herum wuselten, ich versuchte meine Ärztin zu erspähen, wusste nicht wo ich genau hinsollte und war etwas erleichtert, als meine Ärztin beinahe in mich hinein lief, als sie kurz nach mir kam. Sie hatte sich in der Zeit geirrt und so ging es auch schon ohne viele Worte los. Ich sagte noch, dass es irritierend wäre, so ohne klassischem Arztkittel zu wissen, wer ein weiteres Model, wer Rheumatologe und wer Orthopäde oder gar Veranstalter und Praxisinhaber sei, alle waren in zivil- und ich hätte mich dann erstmal durchfragen müssen, was ich ja so gar nicht gemocht hätte.
Ich wurde dann in einen kleinen Raum der großen, neuen und schicken Praxis in München Schwabing geleitet, wo ich mich schon mal quasi untenherum frei machen durfte, denn ich war das untere Extremitäten- Model, gar nicht so einfach sich da zu überwinden. Vor mir standen fünf Orthopäden unterschiedlichen Alters, neben mir auf einem Stuhl stand ein kleines Ultraschallgerät, an dem erst einmal meine Rheumatologin herum nestelte und alles noch einmal erklärte, sowie mich nach Absprache mit Namen und Diagnose allen vorstellte. In den anderen drei Räumen fanden sich auch jeweils fünf bis sechs Orthopäden in kleinen Gruppen mit je einem Rheumatologen zusammen, in jedem Raum ein anderer modelender Patient mit einer anderen Erkrankung bzw. Diagnose und so andere zu schallende Bereiche, nach 45min wechselnden die Orthopäden die Räume.

Es war vielleicht ein bißchen erschreckend wie jung manche Ärzte waren, (Bin ich schon so alt?) es waren bunt durchmischte Gruppen von Interessierten. Die einen hatten schon viel Erfahrung und führten routiniert und sanft den Schallkopf, andere drückten etwas nervös mit viel Kraft auf die zu schallende Bereiche. Meine Ärztin wirkte derweil sehr souverän und lenkte die Kollegen da durch, erklärte vieles und stellte Fragen an die Kursteilnehmer, mahnte an den Kopf nicht zu fest zu drücken, weil man sich so die Flüssigkeit auch schon mal wegdrücken kann, die man ja suchen würde. Es gab einige Orthopäden, die mir Fragen stellten und ganz engagiert dabei schienen.
Menschlich war es sehr spannend so in Hülle zu erleben, wie wenig Worte Ärzte an ihre Patienten richten, simple Aufforderungen wie das Bein oder der Fuß nun gelagert werden sollen für die Untersuchung, stellen oft schon eine große Schwierigkeit dar, etwas was man meiner Meinung nach auch lernen muss, ob mit der Zeit oder im Studium, auch das macht einen dann letztendlich zu einem wirklich gutem Arzt, finde ich.

Für mich war es eine Überwindung leicht bekleidet und als Objekt für die Wissenschaft auf dieser Liege zu liegen, es war interessant den einen oder anderen Happen Information auch als Patient aufzuschnappen, faszinierend solch einem Spektakel einmal beigewohnt zu haben und auch wichtig für mich mich weiter mit meiner Erkrankung auseinander zu setzen. Mein Fazit ist, dass ich das wohl immer wieder machen würde wollen. Berührt im negativen Sinne hatte mich allerdings die Frage einer Ärztin, wie lange ich denn noch stillen möchte, da natürlich das Interesse nach meiner Behandlung aufkam, da bin ich einfach noch zu sehr im Thema des Abstillens und kann zwischen bloßer Fragestellung und Anklage noch nicht wirklich unterscheiden, fühle mich einfach persé angegeriffen, unverstanden und verurteilt oder bin verletzt und selbst wenn dieser Verdacht des Vorwurfs sich bestätigen sollte, fehlt mir dann aktuell das Rückgrat, dem mit wohlgeformten Sätzen etwas entgegen zu setzen.

Ein Kommentar

  • Schwesterherz

    Das erinnert mich an die Entbindung von Zainab.

    Als mich der Kinderarzt fragt ob er einige Assistenzärzte dazu bringen dürfte.

    Da lag ich nun genauso wie du und hörte die womögliche Diagnose was Zainab haben würde.

    Finde es mutig von dir.

    Ich bete das deine Krankheit dich nicht so sehr einschränkt und nicht schlimmer wird.