Unsere Telefonzelle

Ein Relikt aus beinahe vergessenen Zeiten: die Telefonzelle. Ein kleiner viereckiger Kasten, der ausgestattet mit einer Tür etwas Privatsphäre bot. Abgelöst durch unsere Mobiltelefone, findet man kaum mehr eine solche in freier Wildbahn. Ausser bei uns. Wir haben unsere eigene Telefonzelle.
Denn nicht nur, dass schon der Gedanke ans blosse Telefonieren reicht, um mich zu stressen, gerade bei Familienfremden, ich es vermeide wo immer es nur geht und durch WhatsApp und Email ersetzt habe, ich kann gar nicht einfach so frei sprechen, weil etwas seltsames passiert, sobald ich etwas aus Plastik an mein Ohr halte: Es wird laut! Ganz plötzlich! Ich habe das nun über ein Jahrzehnt ausgiebig getestet und es stimmt, es geht nicht mehr. Sobald das Läuten verstummt und ich gespannt in den Hörer lausche, egal wie still es zuvor war, auf einmal wird gestritten, geschlagen, gefühlt erzählen ein dutzend Kinder wie ihr Tag war, der Feueralarm geht los, ein Sturm zieht auf, es klingelt ein Nachbar oder der Paketbote. Oder alles gleichzeitig. Und weil man ab und zu trotz Phobien telefonieren muss oder gerade deshalb und ich immer noch keinen Mothers Room habe, ging ich dazu über mich ins Gästelklo einzusperren. Und weil das so genial ist, so revolutionär sich in die hauseigene Telefonzelle zurückzuziehen samt Toilette, die anscheinend früher da draussen immer fehlte, anders kann ich mir diesen Geruch nicht erklären, sieht man in diesem Haus auch Menschen unter 30 mit dem Plastik am Ohr darin verschwinden, da oh Wunder, diese Wesen genauso wenig telefonieren können, weil Sturm, Paketbote, Feueralarm und fliegende Äffchen, wie die Menschen über 30 ;)

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