STOP!

Ich muss mal für einen Moment auf die Pause-Taste drücken und zu mir
kommen, es passierte so schnell soviel…

Montag, 10.April 7.30Uhr: Ankunft in der Frauenklinik Dachau, Kreissaal.
Bin nach drei Stunden Schlaf ein wenig müde und furchtbar aufgeregt.
Man legt mich für über 1 Stunde ans CTG.

Montag, 10. April 8.30Uhr: Eine Assistenzärztin kommt und empfiehlt mir
zur Einleitung eine Tablette, die in Deutschland nicht zugelassen wird.
Ich muss dafür unterschreiben. Da die Tablette keine Nebenwirkungen hat,
fragen wir, warum sie überall nur nicht hier zugelassen wird und erfahren,
dass das Medikament zu billig ist.

Montag, 10.April 9.00Uhr: Einnahme der Tablette. Weitere 1 1/2 Stunden
am CTG. Das Mittel unterstützt meine Wehen. Ich soll 2 Stunden spazieren
gehen. Mich aber vorher auf der Station vorstellen. Wozu, denk ich mir?!
Ich möchte doch ambulant entbinden. Als die Tür zum Zimmer aufgeht und
eine junge, dicke Jugoslawin mit großen Brüsten an einer Milchpumpe hängt,
wird dieser Wunsch zunehmens größer.

Montag, 10.April 11.30Uhr: Machen Spaziergang nach Hause. Bringen Zoe
ins Bett. Mache Mittag für Nils und Schwägerin Karen. Essen und erzählen.
Machen uns auf den Weg. Der Stand der Dinge, regelmäßige ordentliche Wehen.

Montag, 10.April 13.00Uhr: Wieder-Ankunft im Kreissaal. 1/2 Stunde CTG:
Muttermund noch immer bei 1,5cm. Regelmäßige, schöne Wehen. Dr.D. schaut
vorbei. Man sagt mir, wir sollen abwarten. Noch ein Mittel wolle man mir
nicht geben, da es zu heftigen, pausenlosen Wehen führen könnte, die dem
Kind schaden, weil es keine Ruhe mehr zwischen ihnen hätte. Klingt sinnvoll!
Solle heimgehen und um 17Uhr wieder zurücksein. Hebamme gibt mir 2 Zäpfchen
mit, damit sich der Muttermund lockert, danach wird ein Bad empfophlen.

Montag, 10.April 14.00Uhr: Ankunft zu Hause. Wecken Zoe auf. Kuscheln.
Habe starke Wehen, als ich am Tisch sitze bin ich dennoch verunsichert und
frage mich, ob das alles klappen wird. Schließlich hat sich noch nicht viel
getan. Lese in der Wanne mein Buch weiter und beatme die Wehen, dann
müssen wir wieder los.

Montag, 10.April 17.00Uhr: Auf dem Weg zum Krankenhaus habe ich so heftige
Wehen, dass ich alle paar Meter anhalten und schön atmen muss, ganz fies,
denn es fängt an zu regnen. Wieder ans CTG. Die Hebamme untersucht mich und
sagt sowas wie: „Och nee, Frau Hitze!“ Tja, was war wohl, eben nichts,
Muttermund 1-2cm, aber weich, ach so und erwähnte ich schon die regelmäßigen
kräftigen Wehen?! Aber wenigstens Noah gehts gut. Sie fragt mich, ob
Fruchtwasser ausläuft. Mmh, kann sein, also macht sie einen Test. Ich werd
unruhig, frage mich ob das was wird. Die Hebamme kommt wieder, und tada
es ist Fruchtwasser. Dr.D. wird um Rat gefragt: Ich solle laufen, 2 Stunden.
Also geh ich was essen. Aber nicht mehr heim. Laufe im Essensräumchen auf
und ab und lasse so sexy es eben geht die Hüften kreisen, in der Hoffnung
das Noah tiefer rutscht. Die ganze Geschichte wird zunehmens unangenehmer
und auch Panik taucht auf, jetzt wo die Blase geplatzt ist, muss er raus.
Und ich habe Angst, dass das nichts wird. Denke an eine PDA, weil das bei
Zoes Geburt auch half vorwärts zu kommen.

Montag, 10.April 18.30Uhr: Wieder-Ankunft im Zimmer, kann nicht mehr laufen.
Lege mich hin und mein Mann legt die CD ein, die wir zusammengestellt haben.
Mein Mandarinenöl atme ich tief ein zwischen den Wehen um möglichst viel
zu entspannen. Mein Mann lenkt mich ab, bringt mich zum Lachen. Das aber
vergeht mir, als eine neue Hebamme uns mitteilt, dass sich immernoch nichts
getan hat. Denn die Angst steigt weiter an, mit den Kurven auf dem CTG.

Montag, 10.April 20.30Uhr: Bekomme eine Spritze in die Hüfte gegen den
Schmerz. Es handelt sich um verdammt gutes Zeug, denn ich lasse soagr meinen
Mann fortgeheh, einw enig durchatmen. Ich fühl mich high. Der Schmerz bleibt
im Hintergrund, höre Musik und entspanne mich. Leider kann ich nicht schlafen,
wie gedacht und bitter nötig, weil die Nacht mit 3 Stunden zu kurz war.
Nach einer Stunde lässt die Wirkung nach, aber ich bin locker und entspannt
wie mein Muttermund, der nun 5-6cm geöffnet ist. Finde alles super gut, denn
nun bin ich mir sicher, ich werd ihn normal bekommen können. Entscheide mich
für eine PDA.

Montag, 10.April 22.00Uhr: Umzug in den Kreisssaal. Bin wieder klarer, fühl
mich sicher und stark, ich merke, dass ich das schonmal gemacht habe. Nach
einer halben Stunde bis Stunde vorbildlichen Beatmens der Wehen, kommt die
PDA-Frau. Bin ganz brav. Nils darf im Kreissaal bleiben und ich versuche
locker zu bleiben. PDA sitzt und die erste Dosis kommt. Bald eine zweite,
angeblich üblich bei meiner Größe. Meine CD läuft, mein Öl schwirrt im Raum.

Montag, 10.April 23.30Uhr: Der Muttermund ist 8 cm geöffnet. Alles klappt
gut, wir fühlen uns sehr wohl.

Dienstag, 11.April 0.30Uhr: Wir stocken: Noahs Köpfchen rutscht nicht tiefer,
da die Fruchtblase anscheindend oben einriss, das Wasser tröpfelt an seinem
Köpfchen nur vorbei, so kann der Schwall nicht ablaufen und das Köpfchen ist
gepolstert durch ein Fruchtwasserkissen. Eine Assistensärztin öffnet die Blase.

Dienstag, 11.April 1.30Uhr: Fast fertig. Die Übergangsphase ist grauenvoll,
ich hab das Gefühl mich zerreißts gleich. Die Hebamme sagt ich solle „sch“
ausatmen. Aber ich mag nicht mehr, der Druck ist so unerträglich. Ich warte
sehnsüchtig auf das Mitschieben-Kommando.

Dienstag, 11.April 1.45Uhr: Und Endspurt-endlich darf ich mitschieben. Kanns
kaum glauben, gleich ist er da.

Dienstag, 11.April 1.57Uhr: Noah ist da! Aber er schreit nicht richtig. Ich
hab Angst, aber die Hebamme sagt, das müsse er nicht. Ich weine! Er ist da!
Und so perfekt, wunderschön. Er sieht so winzig aus. Auf meinem Bauch strampelt
er kurz kräftig.

Dienstag, 11.April 2.05Uhr: Ich habe das Gefühl, dass etwas nicht stimmt und
leider wirkt die Hebamme nervös, wie sie mit dem Handtuch an ihm herumrubbelt.
Man nimmt ihn mir. Er wird gewogen und gemessen- ich kann nicht glauben, dass
er so groß sein soll, 3920gr auf 56cm. Der Blutzucker ist zu niedrig und er trinkt
die Glucose-Mischung fast gar nicht. Man ruft eine Kinderschwester, da auch
seine Temperatur viel zu niedrig ist. Ich liege da, kann mich nicht rühren, kann
ihn nicht anfassen, kann ihn kaum sehen. Es ist grauenvoll. Der zweite Test ist
noch schlechter. Noah wird weggebracht. Nils geht mit.

Dienstag, 11.April 3.00Uhr: Nils kommt wieder. Noah liegt auf der Neo-Intensiv
im Wärmebettchen. Man versucht dort die Glucose-Mischung in ihn reinzubekommen.
Der Kinderarzt kommt dann bald zu uns.

Dienstag, 11.April 3.45Uhr: Der Kinderarzt kommt, spricht von Startschwierigkeiten,
Noah mache sonst auf ihn einen fitten Eindruck. Man hat eine Blutkultur angelegt
und einen Zugang gelegt für den Fall das er den Zucker i.V. braucht. Aber
er sei positiv eingestellt. Wir müssen wohl noch etwas dableiben. Wenn alles gut
läuft, bekommen wir ihn um 6Uhr und können um 10Uhr gehen.

Dienstag, 11.April 4.30Uhr: Man fährt mich im Bett auf die Station. Ich fühl mich
fit, denn alles ist intakt und ich war schon auf der Toilette. Anscheinend puscht
die Aufregung den Blutdruck hoch. Nils geht spazieren und zu Noah, aber lange
hält er dort das nichts-tun-können nicht aus. Ich soll schlafen, aber es geht
nicht. Ich mag meinen Jungen sehen und ich will heim zu unserer Tochter.

Dienstag, 11.April 6.00Uhr: Nils holt Noah ab. Wir schmusen und kuscheln ihn.

Dienstag, 11.April 7.30Uhr: Der Zucker ist nicht besser geworden, die Temperatur
auch nicht. Er bekommt eine Infusion. Es ist entschieden- wir müssen bleiben.
Meine Welt bricht zusammen.

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