Tabula rasa

Erst durch Tom’s Geburt habe ich etwas wichtiges begriffen. Hier bei uns leben drei
kleine Menschlein. Drei verschiedene Charaktere. Und so gern man sagen würde,
dass man Allen das gleiche gibt, behandeln kann man nicht alle gleich. Tom’s
Facetten kommen erst nach und nach zu Tage, aber irgendwie hilft seine Anwesenheit
zu verstehen und zuzulassen. Alle bekommen die gleichen Eltern, doch jedes Kind
bringt etwas (unverwechselbares) mit. Jedes Kind braucht etwas anderes und bleibt
so immer es selbst von Anfang an.

Zoe (das Leben) ist pure Energie. Sie ist emotionsgeladen und kraftvoll, manchmal wie
eine Urgewalt. Wenn sie wütend ist, kann man sich dem nicht entziehen und wenn sie
glücklich ist ebenso wenig. Zoe hat mich so oft an meine Grenzen getrieben und noch
weiter hinaus. Durch sie musste ich scheitern lernen, denn manchmal hilft einfach nichts.
Und manchmal mach ich vor lauter hochgekochter Emotion genau das Falsche. Aber
damit muss ich leben, Zoe fordert mich. Sie hat mich stark gemacht. Zoe hat mich ins
Leben zurück katapultiert und zeigt mit jeden Tag auf Neue wie aufregend alles ist und sein
kann, wenn man es denn zulässt. Zoe ist wie die Sonne.
Zoe braucht klare Grenzen, da sie so ihren Halt findet. Sie sucht die Auseinandersetzung.
Aber möchte bedingungslos geliebt werden- was sich nicht immer einfach gestaltet. Ohne
diesen Rahmen, ohne ihre Routine fühlt sie sich schnell verloren und versucht dann mit
allen Mitteln wieder Begrenzung zu finden. Sie braucht immer dieselben Abläufe, da sie
sonst leicht aus dem Gleichgewicht gerät. Sie ist ein Freigeist, der aber einen stabilen
Rahmen braucht.

Noah (der Ruhebringer) ist mein Gleichgewicht. Er hat die ganze Familie geerdet. All die
Orkane, die durch unsere vier Wände fegen, fügen hier kaum Schaden an. Noah ist ein
Kuschler und ein Kind was manchmal auch nach Ruhe und Harmonie schreit. Mit seiner
Ankunft ist hier irgendwie alles ins Lot gebracht worden- ich habe nach all der inneren
Unruhe meine Mitte gefunden. Er kam genau richtig und so fühlt es sich heute noch an:
genau richtig. Noah ist wie alles Grüne.
Noah braucht Nachsicht. Er braucht die Ausnahmen. Er fordert sie danach auch nicht
erneut ein. Eigentlich braucht er diese strenge Routine nicht unbedingt. Er findet es schön,
wenn alles entspannt und harmonisch ist und das bedeutet eben auch mal Loszulassen
vom Alltags-Korsett. Er ist offen für alles Neue und erfreut sich an Chaos. Turbulenzen
im Alltag verkraftet er sehr gut, wenn er immer wieder den Weg zurück zur Basis finden
kann. Solange Noah spürt, dass er geliebt wird und alles bestens ist, macht er jedes
Abenteuer mit. Noah hat mich mutig gemacht.

Tom (der Zweifler) scheint das Bild mit Wolken vervollständigen zu wollen, immer ein
bißchen verträumt. Eigentlich hier, aber doch nicht richtig da. Tom bremst mich. Er lässt
mich innehalten. Durch ihn habe ich gelernt hin und wieder einen Gang runter zu
schalten- abzuschalten. Tom macht mich nachsichtig und bringt mich zum philosophieren.

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