Alles hat seinen Preis…

Wir leben gut. Mein Mann verdient gutes Geld. Wir leisten uns davon Schönes. Wir
können stolz auf uns sein, unser Heim, für alles was wir uns in den paar Jahren
aufgebaut haben. Aber alles hat seinen Preis. Heute gab es mit dem Bus auf dem
Weg zum Montessori- Kinderhaus fast einen Unfall. Der Fahrer musste so stark
bremsen, dass beide Kinder flogen. Noah flog gerade wegs gegen die Plastikwand
und weinte bitterlich, aber immerhin er weinte. Der Fahrer schaute sofort nach
uns und fragte mich, ob ich jetzt zum Arzt wolle mit ihm. Und da war der Preis: Ich
bin immer allein! Mir stiegen die Tränen in die Augen. Ich war allein in dem Bus mit
drei Kindern und musste, denn es blieb mir keine Wahl, eine Entscheidung treffen.
Wenn die Kinder plötzlich Symptome einer Krankheit zeigen, muss ich allein eine
Entscheidung treffen oder diese ausführen. Ich kann meinen Mann anrufen, aber
auch der arbeitet, der ist nicht da, der sieht nicht, was ich sehe. Ich muss das
allein machen. Gestern streikte die Kupplung zum Anhänger fürs Fahrrad. Ich
probierte und wurde immer verzweifelter, aber ich schaffte es einfach nicht. Doch
da war er der Gedanke: Es wird niemand kommen, du musst diese Kinder nach
Hause bringen, du musst sie ins Bett bringen, du musst! Als ich es geschafft hatte
und losfahren wollte, hakte wieder der Fahrradständer. Er ging nicht wegzudrücken.
Ich fragte verzweifelt einen Mann um Hilfe, aber auch der mühte sich erfolglos ab.
Als er sagte, er schaffe es leider nicht, war wieder die Stimme da: Du musst!
Ich muss immer, so einfach ist das. So oft möchte ich in die Welt schreien:
Ich bin erst 24 Jahre alt, woher soll ich das können?! Woher soll ich das wissen?
Wie sollte ich das entscheiden?!- Ich muss einfach. Wenn mich jemand noch mal
fragt, wie es ist so mit Dreien, wie gestern eine Bekannte, kann ich nur sagen,
es ist nicht unbedingt anstrengender im Alltag. Wenn Tom beim Mittagessen so
wie heute bei uns in der Küche auf dem Boden liegt, einfach bei uns ist, gibt es
nichts Schöneres. Es sind solche Momente, in denen ich nur zwei Arme habe.
Mir nach so einem Unfall fast das Herz stehen bleibt, weil Noah plötzlich die Augen
zu hat, aber doch eigentlich nur vor lauter Müdigkeit weggeschlafen ist. Ich
ihn dann vor Liebe und Dankbarkeit trage, aber der Kinderwagen raus muss und
Zoe jammert, sie wolle auch getragen werden, dann sind meine Grenzen erreicht…

10 Kommentare

  • Mama Schwaner

    Fühl dich mal ganz doll von mir in den Arm genommen. Ich weiß, was du meinst, auch wenn ich nur zwei habe und eher selten in solchen Situationen bin *gottlob* Man wächst an seien Aufgaben, auch wenn es immer wieder sehr hart sein wird.

  • Corinn

    Oh man, ich drücke Euch ganz fest. Gut, dass der Unfall nicht weiter schlimm war, aber so was zerrt einfach an den Nerven. Ich kann gut verstehen, dass die Grenze erreicht war…

  • Kaanu

    Lass Dich mal ganz fest in den Arm nehmen! Ich kann (fast) nachvollziehen, wie das ist. Auch wir haben den Luxus uns keine ernsthaften finanzielle Sorgen machen zu müssen. Aber es ist wie bei Dir: ich stehe in der Regel mit den Kindern allein da. Es sind zwar nur zwei, aber das bringt mich nicht selten an meine Grenzen. Mir geht es wie Dir, ich kann meinen Mann meist gar nicht um Hilfe bitten, weil er einfach nicht da ist. Ich muss allein entscheiden, wann der Moment gekommen ist, zum Arzt zu gehen, Fieberzäpfchen zu verabreichen und, und, und. An sich alles Banalitäten, aber in der Summe doch extrem herausfordernd. Wir haben als Familie nur das tägliche Abendessen und den Samstag plus Sonntagvormittag. Die restliche Zeit arbeitet mein Mann und ich stehe mit den Kids allein da. Unser Fast-Unfall damals ist auch deshalb passiert, weil ich alles allein und mit Kindern bewältigen muss – Groß-Einkauf, Haushalt etc.. Aber ich bin auch schon 6 Jahre älter als Du und habe deshalb umso mehr Respekt vor Deiner Leistung! Ich drück Dich noch mal!

  • Kaanu

    Jetzt hab ich einen ewigen Kommentar geschrieben und das WWW hat ihn verschluckt…:-(

    Daher nur die Zusammenfassung: Ich drück Dich ganz fest. ich kann sehr gut nachvollziehen, wie Du Dich fühlst. Abgesehen davon, dass ich nur zwei Kinder habe, bin ich in der selben Situation wie Du. Wir sind finanziell einigermassen fit, aber ich stehe mit den Kindern fast immer allein da. Alle Entscheidungen, die bezüglich der Kinder getroffen werden, müssen von mir kommen. Mein Mann ist einfach viel zu selten da. Da bringen auch die 6 Lebensjahre mehr nix, die ich auf dem Buckel habe, wenn mal wieder zu viel auf einmal kommt. Ich habe größten Respekt vor dem, was Du leistest!

  • Karin

    oh mei, ich bin ganz platt. Bin ich froh, dass es gut ausgegangen ist. Mensch, lass dich auch von mir noch mal feste drücken!

  • Manja

    Ich kann immer nur wiederholen, wie sehr ich dich bewundere!Auch wenn wir uns NOCH NICHT :-) persönlich kennen, weiß ich dass du ein ganz wundervoller Mensch bist und eine fantastische Mutter. Ich kann mir noch einiges von dir abgucken und bin immer wieder sprachlos woher du die Energie nimmst.

    So und jetzt nehm ich dich mal ganz fest in den Arm……….*Drück*