Starre

Als wir genau vor einem Monat am ersten Mai nach Berlin flogen war mir mulmig. Ich hasse das
Fliegen. Es spart Zeit, es zermürbt die Kinder weniger, aber dieses fiese Gefühl in der Magengrube
ist immer dabei. Irgendwann hatte ich gehört, die meisten Unfälle passieren bei Start und Landung.
Wenn mal also los rollt, immer schneller und sich die Räder vom Boden losen, löst mein Herz sich
vom Fleck und rutscht in ungeahnte Gefilde. Links von mir saß Zoe am Fenster und rechts von
mir Noah, neben uns Dreien der Gang, daneben saß mein Mann mit Tom auf dem Arm. Nicht viel
Zeit für Hysterie. Außerdem heißt es ebenso, die Gefühle der Eltern spiegeln sich in den Kindern.
Da wir einen Flug mit Zoe schreiend erlebten, ist mir als Mama arg viel daran gelegen, ruhig und
entspannt zu sein oder wenigstens zu wirken. Also ordnete ich meine Gedanken. Ich fliege aus
dem Schoß der Familie in München, zu meiner Familie nach Berlin, ich sitze hier, habe alles was ich
je wollte: meinen Mann, drei Kinder und ich bin schwanger. Bewusster kann einem nicht werden,
dass es nichts gibt, was man verpasst hat, anders machen hätte sollen. Sollte etwas fürchterliches
passieren, hätte ich alles gehabt. Es wäre nicht weniger schrecklich, doch mehr Sinn im Leben
außer nichts zu bereuen gibt es doch nicht…
Jetzt bin ich schockiert. Ich kann es nicht glauben. Einfach weg ist ein Flugzeug. Verschwunden. Wie
kann das sein?! Ich denke an die vielen Menschen aus dem Flugzeug und die Menschen am Flugahafen,
die erst nur dachten der Flug hätte Verspätung!

6 Kommentare

  • mama schwaner

    genau so ging es mir vorhin auch, als ich davon erfuhr. einfach verschwunden?! hallo? und man weiß nicht mal, ob man je irgend etwas von dem flugzeug finden wird. auch wenn es abgestürzt ist. die familie/freunde/bekannten können sich also nie wirklich sicher sein, was passiert ist. schrecklich, diese vorstellung!

    (und auch ich fliege eigentlich gerne, also hab´ keine angst davor, aber irgendwie doch. so ein mulmiges gefühl und die erlösung, wenn man doch wieder unten ist. große erlösung!)

  • Martina

    und trotzdem ist das Fliegen immer noch eine der sichersten Fortbewegungsmöglichkeiten.

    (aber da ist es wie immer: wenn es einen erwischt, ist es nicht weniger schlimm, nur weil die statistische Wahrscheinlihckeit für diesen Fall verschwindend klein war)

  • partikelfg

    Ich will mir gar nicht vorstellen, was in den Köpfen der Passagiere vorgeht, wenn so etwas schreckliches passiert.
    In meinem Kopf schwirren so schon ständig Endzeitszenarien herum, nach dem Motto was passiert, wenn ich oder der
    Liebste einen Unfall haben. Wenn ich diesen Artikel lese, sehe ich förmlich wie eine Mutter Angst um das Leben ihres
    Kindes hat und mir wird fast schlecht.

  • sandra

    und dann diese Kommentare unter dem Artikel!
    Auch schockierend.
    Irgendwie fühle mich im zug auch immer sicherer als im Flugzeug doer auto,aber selbst das sit ja nicht 100 prozentig sicher. Aber das es verschwindet und niemand weiss wo uns wie ist schon etwas ungewöhnlich.
    Was das plötzlich angeht, denke ich das hat dann seine Vorteile…denn wer will das schon vorher wissen,wenn da gleich etwas passiert?

  • sandra

    was das : es gibt nichts was ich verpasst hätte angeht,wundert mich, grade wenn Du schwanger bist…denn dann hast DU/ IHR euer Baby noch nicht im Arm gehabt und das bald auf die Welt kommende kleine Wunder hat noch alles zu erleben.

  • kassiopeia

    @sandra: Ich versteh das nicht ganz. Es geht doch um dieses Gefühl: Dieses hätte- ich- doch- nur! Und bei
    mir gibt es kein Hätte- ich- doch- nur! Ich hab dieses vierte Kind längst im Bauch, ich hab schon meine Drei,
    ich hab schon diesen Mann, es gibt kein Hätte- ich doch- nur. Ich hätte dann meine Eltern nicht mehr gesehen,
    aber es versucht, ich hätte mein Kind nicht mehr gesehen, aber es gewollt, ich würde meine Kinder nicht groß
    werden sehen, aber wenigstens hätte ich sie gehabt! Darum ging es mir doch.
    Ich denke, dass ist ein riesiges Geschenk, dass man nicht das Gefühl hat, man hätte irgendetwas im Leben
    verpasst oder einen großen Fehler begangen. Ich bin glücklich, wollte ich damit sagen.