Es war Dezember…

als ich dachte ich wäre schwanger. Und dieser Gedanke machte mich mehr als glücklich. So verrückt
wie es gewesen wäre, es hätte mich unsagbar glücklich gemacht noch vor Bens ersten Geburtstag
ein weiteres Baby zu bekommen. Vernunft spielt in unserem Leben keine Rolle. Das tat es noch nie.
Natürlich wäre es verrückt gewesen. Aber wissen Sie was? Das waren bisher so ziemlich alle unsere
Entscheidungen im Leben. Und wir sind so glücklich damit gefahren auf unseren Bauch zu hören.
Schon immer. Von Beginn an. Aber ich war nicht schwanger. Und obwohl wir uns seitdem so sehr
wünschten, es möge klappen, klappte es nicht. Bis jetzt nicht. Und das belastet mich. Völlig ab von
der Tatsache, dass wir vier zauberhafte Kinder haben. Es ist ein Herzenswunsch. Den kann man nicht
wegwünschen oder zerreden. Uns fehlt jemand. Und eigentlich ist das klar, seit Bens Geburt. Wenn
ich also beim Frauenarzt sitze, wegen Unterleibsschmerzen in dieser Woche ist es Akt der Selbst-
beherrschung nicht das Weinen anzufangen, wenn man fünf Meter weiter, das TockTockTock des
schreibenen CTGs hört. Vor allem in diesem Monat. Weil es der Monat ist, in dem das Kopfkino
begann. Was wäre gewesen wenn. Eine handvoll lieber Menschen, haben mich in den letzten Monaten
und Wochen begleitet. Und ich bin ihnen sehr dankbar. Ich werde meinen Ort auch nicht aufgeben.
Aber ich kann nicht mehr still sein, ich kann nicht mehr so tun als wäre es in Ordnung so. Ich bin
mir darüber im Klaren, dass die Fassade hier und da eh schon bröckelte. Aber es ist ein Unterschied
dazu zu stehen, es zu sagen. Ich möchte ein Baby. Und es klappt nicht. Natürlich kann sich das
schon im nächsten Monat ändern, aber es macht die Monate Hoffnung und Enttäuschung, Wünschen
und Trauern nicht ungeschehen. Es zaubert die Zweifel nicht weg, ob das alles ein Zeichen sein
könnte. Kurz, es macht es nicht erträglicher im Hier und Jetzt. Und schon gar nicht in diesem Monat.

Vor ein paar Tagen bekam ich eine liebe Mail. In der stand, ich solle mich fragen, was ich wirklich
will. Ob ich jetzt wirklich eine Ausbildung beginnen möchte, die plötzlich im Raum stand. Die ich
brauchte, um an etwas anderes zu denken. Aber auch um mich zu schütteln und genau zu schauen,
wo der Weg hin geht, wenn es denn weiterhin nicht klappt. Aber der Punkt ist doch der, ich wurde
so früh Mutter und auch so zahlreich, weil ich es liebe. Das ist mein Job. Auch das Gespräch mit der
jungen Frauenärztin führte mich wieder genau dort hin. Was ich vorher beruflich gemacht hätte.
Ich wand mich wie immer. Ich mag nicht intimst und ausgeschmückt meine ganze Lebensgeschichte
ausbreiten, wieso weshalb warum ich mit 17 auszog. Das geht niemanden etwas an. Aber anstatt
auf einen klugen Rat zu hören, stammelte ich mich durch die frohe Fragerunde. Versuchte das
Glück sehen zu lassen, dass da war, als ich auf der FOS mit 20, mitten in den Flitterwochen plötzlich
endlich schwanger war. Die Geschichte zur meiner beruflichen Vergangenheit endet also mit der
Geburt unserer Tochter und dem Bestehen der 11. Klasse auf der FOS, sowieso dem Fehlen der
12. zum Bestehen des Fachabiturs. Ich bin kein Idiot. Ich weiß genau wie das aussieht. Wie sich
das anhört. Aber so ist das nicht. Die Wahrheit ist, dass ich Kinder wollte solange es ging. Das es
mir wichtiger war Mutter zu werden als einen Job zu erlernen, der meinen Qualifikationen nicht
entsprach. Die Wahrheit ist, dass meine Kinder mich geerdet haben, das haben meine ersten beiden
Kinder geschafft. Das hab ich geschafft. Und so wie für mich immer klar war, dass ich früh Kinder
wollte, solange es ging, wollten wir die noch fehlenden bekommen solange es geht, bevor ich mich
beruflich orientiere. Weil es mir wichtiger war. Und plötzlich steht man da still. Ich kann meinen
Weg im Augenblick nicht weiter gehen und das ist so belastend. Dieser Kinderwunsch ist nicht
nur irgendein Spleen. Dieses Leben ist einfach so meins. Ich bin Großfamilienmutter. Ich
überblicke das Chaos. Ich kämpfe mich durch den Alltag mit vier Minimonstern im Alter von 5 bis 1.
Mein Leben stockt. Und endlich ist es raus.

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