Gelähmt

Heute ist es still hier in unserer Villa Kunterbunt, denn ich bin heute mit Ben allein hier. Es ist
aber keine gemütlich Stille, sondern eher ein beklemmendes Gefühl.
Ich kann im Augenblick nur sehr schlecht allein sein. Ich bin generell vielleicht nicht unbedingt
gewohnt wirklich allein zu sein. Aber es ist im Moment anders. Es macht mir ein bißchen Angst.
Ich hab dann zuviel Zeit um nachzuspüren wie es mir geht. Oder sagen wir so, nachzuspüren
wie es mir auch geht.
Untertags ist hier soviel los, es gibt immer irgendetwas zu tun. Es ist nicht so, dass es jetzt
gerade nicht tausend Dinge zu tun gäbe, aber es ist eben einfach still. Und in letzter Zeit zieh
ich mich zurück, wenn es kurz still ist, dann laufen ein paar Tränen und ich gehe zurück in den
Alltag. Heute geht das nicht. Es ist und bleibt still. Und vielleicht mag ich heute auch einfach in
mich horchen. Ich habe heute schöne Dinge gemacht und schöne Dinge vor, so für mich allein.
Ich habe mir heute unter anderem eine toll duftende Gesichtsmaske gekauft und einen ebenso
toll duftenden Badezusatz, aber der Gedanke jetzt da hoch in dieses Bad zu gehen, mir Kerzen
anzuzünden und ganz allein im warmen Wasser zu liegen, allein bei dem Gedanken schnürt sich
mir die Kehle zu.
Ich habe mir heute mit Ben einen Film angesehen, einen Film den ich wirklich liebe und so gern
sehe, aber immer wenn ich ihn sehe, muss ich weinen. Es geht nicht anders. Er ist einfach nur
traurig schön. Und ich weiß, nein ich wusste, wenn ich diesen Film sehe bin ich wieder klarer und
sehe wieder die Dinge, die mir wirklich wichtig sind. So war das immer. Ich war danach einfach
voll Dankbarkeit. Heute ist das anders. Denn mittlerweile weiß ich doch selbst, nicht nur von
Erzählungen, nicht von anderen Blogposts wie widerlich schnell sich alles verändern kann und Dinge,
denen man sich sicher wähnte, Dinge die man liebte, wie schnell man die hergeben muss, aufgeben
muss.
Und genau das ist das Problem im Moment, dass was mich so in meinen Grundfesten erschüttert
hat und wessen Griff mich so fest umklammert, dass ich keine Luft mehr bekomme vor Angst. Ich
habe nicht nur ein Kind hergeben müssen, sondern auch ein Stück Sicherheit. Ich bin generell
ein dankbarer Mensch, der fast immerzu wie ein Häschen in der Ecke hockt und auf den Einschlag
wartet, darauf wartet, dass irgendetwas passiert, denn dieses Leben ist zu schön um wahr zu sein,
aber ich habs nicht kommen sehen. Es hat mich trotz allem so überrascht und ich fühle wie die
Angst mich lähmt und mich erstarren lässt, dass noch irgendetwas passiert. Denn ich liebe mein
Leben. Es gibt nichts, was ich ändern will oder anders hätte machen wollen. Es passt alles.
Ich weiß, ein Leben in Angst, ist kein glückliches Leben und ich muss daraus. Aber dafür brauche
ich Zeit. In diesen stillen Momente, kann ich die Angst auch heraus weinen, denn anscheinend
muss ich mich wohl dieser Angst stellen. Und das versuche ich gerade- so sehr.

Heute morgen wickelte ich ein Sprüchlein aus, dass uns gestern geschenkt wurde, etwas zum
Nachdenken an alle Eltern in der Adventszeit. Es ist ein Text über vier Kerzen, drei davon wollen
nicht mehr brennen und am Ende bleibt die Hoffnung und die Kerze sagt zu einem Kind, es solle
keine Angst haben, denn solange die Hoffnung brennen würde, könnte man die Liebe, den
Frieden und den Glauben wieder entfachen. Und ich musste sofort an Simetra denken und
ihren Kommentar in dieser Woche: “Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht,
sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.” (Václac Havel) Ich glaube an
Zeichen. Das war eines. Hoffnung.

Ich möchte gerne hoffend weiter gehen. Aber ich kann es einfach noch nicht ohne holpriges Stolpern.

2 Kommentare

  • eva

    ja. das ist so. und stolpern gehört auch dazu. nur, wenn man dann liegen bleibt, ist es wirklich schlimm, nie wieder aufstehen mag… du hast jemanden an deiner seite, welcher dir immer wieder eine hand zum aufstehen reichen wird.
    ohja, über das stolpern im leben könnte ich grad romane schreiben. selbst grad schlimm die knie aufgeschlagen, kaum eine hand, die mir hilft aufzustehen, trotzdem halt ich mich auch an der hoffnung fest. hoffnung ist gut. bleib dabei. und mach das, was dir gut tut, auch wenn du nicht dieses bad allein bei kerzenschein nimmst. kann ich total verstehen!
    liebe grüße, eva

  • simetra

    es ist ganz genau so, wie eva bereits geschrieben hat: das stolpern gehört dazu – und oft ist es ein harter kampf, weil das liegenbleiben oft so viel einfacher erscheint. aber auch das stolpern wird weniger…