Guter Hoffnung oder Angst und Bange?

Eine liebe Blogger- Freundin schrieb es schon vor einer Weile und jetzt entbrannte wieder diese
Frage, ob man sich quasi überhaupt noch daran wagen sollte, ein Kind zu bekommen. Die einen
weil sie diesen Verlust genau kennen, die anderen, weil sie ihn nie kennen lernen möchten.

Eine ganz liebe und kluge Frau sagte zu mir nach dem ersten Verlust, dass es doch so wäre,
wenn wir uns nicht jemals getraut hätten ein Kind zu bekommen, hätten wir keine. Sie fragte
mich, ob ich durch meine Angst erneut ein Kind verlieren zu müssen, wirklich verhindert wissen
will, dieses eine Kind, dass zu uns kommen kann, niemals kennen zu lernen. Und ich konnte
nicht. Ich kann es nicht mal jetzt.
Wenn wir uns nicht trauen würden, hätten wir keine Kinder. Nicht eines. Wenn wir das
Risiko eines zu verlieren nicht eingehen wollen, dürfte niemand jemals Kinder haben, denn das
Schicksal ist schnell. Wenn wir diesen Schmerz nicht wollen, dürfen wir nicht schwanger werden.
Niemand. Wir gehen da hinein, guter Hoffnung. Jedes Mal. Wir hoffen auf Leben.

Auch die Psychologin im Krankenhaus sagte das zu mir, aus einem anderen Grund, in einem
anderen Kontext. Aber es bleibt das gleiche. Wenn nur noch die Angst unsere Entscheidungen
fällt, sind wir verloren.

Nach wie vor wünschen wir uns noch Kinder. Ich wäre keine Mutter, wenn ich nicht schreckliche
Angst hätte davor, wieder eines gehen lassen zu müssen, bevor es überhaupt geboren ist.
Im Moment einer Schwangerschaft schließen wir einen Pakt mit der Ungewissheit. Wir lassen
uns darauf ein und wir können scheitern, aber wir können auch unsagbares Glück in den Armen
halten. Möchte ich gänzlich auf dieses Glück verzichten? Nein. Habe ich Angst vor erneutem
Verlust? Ja!

Aber ich mag nicht aufgeben. Noch nicht. Jede Frau und jeder Mann müssen aber für sich
entscheiden, wann es genug ist. Nicht wann die Angst überwiegt, sondern wann die Kraft
ausgeschöpft ist.

In Gedanken an alle Mütter und Väter, die die Kraft noch haben oder aber nicht mehr haben.

13 Kommentare

  • Katrin

    … danke für diese Worte.
    Ich werde sie mitnehmen auf eine Reise durch meine hin- und hergerissenen Gedanken, die mich bislang daran hinderten, diese Gefühle schwarz auf weiß nachzuzeichnen. Angst und Hoffnung können so so dicht beieinander liegen, sich überlagern.
    Ich wünsche weiter viel Kraft, auch um Gedanken aufzuschreiben, sie damit greifbarar und vielleicht damit irgendwann sehr hilfreich zu machen.

  • Evi

    „Möchte ich gänzlich auf dieses Glück verzichten? Nein. Habe ich Angst vor erneutem
    Verlust? Ja! “

    Genau!

    Natürlich verdrängt man es gern, vor allem wenn man noch unbelastet ist, aber im Grunde sollten sich alle werdenden bzw. planenden Eltern genau diese Gedanken machen und auch im Hinblick auf ein evtl. krankes / behindertes Kind. Denn es passiert nicht nur immer den anderen.

  • Janine

    Genau diese Worte, beschreiben meine aktuellen Gefühle und Gedanken. Auf den Punkt gebracht. Danke, Du Liebe dafür. Denn JA, ich habe zwar Angst, aber NEIN ich möchte auch nicht auf dieses Glück verzichten.

    *drückdich*

  • Maren

    Das hast du total schön geschrieben! Es ist so wahr und lässt sich auf so viele Bereiche des Lebe uns übertragen, die schwerwiegende Entscheidungen und Mut von uns erforderm.

  • Lilli

    Liebe Frau Kassiopeia,

    vielen Dank für diese Worte. Wie überhaupt für alle Ihre Worte, die Sie geschrieben haben, besonders in den letzten Wochen. Sie gehen mir mitten ins Herz und sind so tröstlich, denn auch wir haben vor 4 Wochen ein Zwergerl verloren. Und egal wie klein es war, wie frisch die Schwangerschaft und wie überraschend es sich zu uns gesellte – ab dem Moment, in dem ich einen positiven Test in Händen hielt, war ich Mama von 3 Kindern… und werde es von nun an für immer sein ♥
    Es tut so gut zu wissen, dass ich nicht alleine bin, mit meinen Gedanken und Gefühlen. Und dass es noch anderen Mamas im Herzen weh tut, wenn gesagt wird: Ach wieso, Du hast doch schon und Du weißt, dass Du schwanger werden kannst. Beim nächsten Mal hält es. – oder – Die Natur hat das schon gut eingerichtet – oder oder oder…
    Auch wir wünschen uns sehnlichst ein weiteres Kind und hoffen sehr, dass uns dieses Glück noch einmal zuteil wird, und bei uns bleibt. Wir haben Angst, große Angst. Aber die Angst wird nie stärker sein, als die Sehnsucht und die Hoffnung!
    Danke für Ihre Gedanken und Gefühle, dass Sie diese mit uns teilen! Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen alles alles Liebe und Ihrer Familie natürlich auch!

    Eine sonst stille, aber treue Leserin.
    Lilli

  • Frau Federschwarz

    Ich bewundere deinen Mut.

    Ich habe im Moment soviele Schwangere um mich herum, oder Frauen, die es grad versuchen oder es sich wünschen – da wird die Sehnsucht ganz wahnsinnig stark. Dann denke ich an all das Leid, das du erfahren hast, und ja auch nicht nur du allein, und ich zittere in Gedanken um jede meiner lieben schwangeren Freundinnen, dass sie das nicht auch erleben müssen. Und ganz im Stillen frage ich mich, ob ich das ertragen könnte, wo ich mich nun schon seit mehr als 5 Jahren nach einem Kind sehne. (Und dann bin ich eigentlich ganz froh, das der Krieger (noch) nein zu Kindern sagt.)

    Danke ♥

  • kassiopeia

    Nachdem ich eure Kommentare gelesen hatte, war ich erleichtert :) Es waren Gedanken, die seit ein paar Tagen in meinem Kopf rumspukten und ich war zwar froh als sie draußen waren, aufgeschrieben, aber ich wusste nicht, was die Worte mit anderen machen.

    @Katrin: Die Worte klingen wirklich hin und her gerissen- ich kann es wirklich fühlen und wünsche ganz viel Kraft fürs Nachspüren der eigenen Gefühle. Eine gute Reise sozusagen! :)

    @Evi: Das klingt so hart. So abgeklärt bin ich nicht in meinen Gedanken. Trotz dieses ganzen Wissen, wäre ich niemals wirklich auf einen neuen Verlust in irgendeiner Art vorbereitet, aber ich möchte hoffen. Das klingt vielleicht naiv, aber wenn ich nicht hoffen würde, dass ich noch ein Kind im Arm halten könnte, dann würde ich aufgeben und keine mehr bekommen wollen.

    Aber ja, ich gebe dir recht, es passiert leider nicht nur den anderen.

    @Janine: Fühl dich mal liebe gedrückt!

    @Maren: Das ist ein liebes Kompliment. Und ja, du hast schon recht, es lässt sich auf andere
    Lebensbereiche so übertragen. Danke für diesen Gedankenanstoß!

    @Lilli: Es tut mir unheimlich leid! Und es ist eigentlich schmerzlich zu hören, dass andere betroffene Frauen, gerne lesen, was ich schreibe, weil es ihnen ebenso erging. Aber vielleicht
    hat das etwas gutes, wenn man das so sagen kann, weil andere stumm sind, weil ihnen die Worte im Halse stecken bleiben!
    Ich habe auch solch viele unbeholfene Sachen hören müssen, wie bestimmt jede Frau in solch einer Situation. Und ich habe mir immer versucht ins Gehirn zu rufen, dass sie es nicht böse meinen, sie wissen einfach nur nicht was sagen. Als meine Nachbarin meinte, es wäre schade, war da so ein kurzer Moment, wo ich ihr gern wehgetan hätte. Schade, wenn das Bier aus ist. Schade, wenn die Heizkosten höher ausfallen als gedacht. Schade, wenn der Ausflug wegen schlechtem Wetter ausfällt. Aber schade ist bestimmt nicht, dass unser Kind gestorben ist. Aber ich wusste, sie meinte es nicht böse, sie war nur unbeholfen. Aber in so einer Zeit dafür Verständnis aufzubringen, ja woher denn? Aber macht es das wirklich noch schlimmer? Nein, es ist grausam genug.

    Ich werde feste an Sie denken und wünsche, dass dieser Herzenswunsch in Erfüllung geht, von Herzen!

    @Frau Federschwarz: Das ist kein Mut. Das ist nur Hoffnung. Hoffnung, dass das am Ende alles einen Sinn ergibt, so wie Simetra es schrieb.
    Das schlimme ist doch, man denkt immer, man könnte es nicht ertragen, ich dachte auch ich würde einfach tot umfallen, mir würde einfach das Herz stehen bleiben oder ich würde aufhören zu atmen. All das passierte nicht. Man muss damit weiter leben, ob man will oder nicht. Und wenn man Glück hat, dann bleibt am Ende doch noch eine Hoffnung.

    Und was ich dir noch mitgeben will. Hör doch auf an all die anderen zu denken. Denk doch auch mal an dich! Fühl dich umarmt! Ganz feste!

  • Lilli

    Vielen Dank, liebe Frau Kassiopeia, für Ihre lieben Wünsche für uns.

    Ich finde gerade nicht die passenden Worte, um das zu Ihrem Kommentar zu sagen, was ich gerne sagen möchte, das hole ich noch nach.

  • Nathalie

    Liebe Kassiopeia,

    Ich lese deinen Blog nun seit ein paar Wochen und vieles berührt mich sehr.
    Was dir die letzten Wochen passiert ist macht mich so traurig und nachdenklich… Ich musste auch zwei Babys gehen lassen und auch ich habe sehr getrauert, trotzdem konnte ich es nicht so ausleben wie du das machst, ich bewundere dich dafür.
    In meinem Leben ist seitdem sehr viel Schönes geschehen ich habe mittlerweile zwei gesunde Babys geboren, zwei Mädchen, und ich habe wunderbare Schwangerschaften gehabt. Die Beiden haben vieles in mir wieder heilgemacht, aber vergessen werde ich nie, dass da zwei kleine Würmchen nicht bei uns bleiben konnten und auch der Schmerz ist noch sehr präsent.
    Aber ich würde das alles noch einmal auf mich nehmen, die Hoffnung, die Angst, den Schmerz, die Trauer, um erleben zu dürfen was ich erlebe.
    Unsere Mädchen sind jetzt 22 und 3 Monate alt, und wir wünschen uns vielleicht auch noch ein Drittes. Dieser Kinderwunsch ist mit nichts zu vergleichen und kaum ein Rückschlag lässt uns den vergessen oder verdrängen. Auch wenn die Angst präsent ist, habe ich den Kinderwunsch immer als viel stärker empfunden.
    Ich glaube sobald man liebt ist da die Angst vor Verlust, Liebe macht verletzlich, man fühlt dass man nicht alles in der Hand hat. Aber will man deshalb nicht mehr lieben?

    Ich wünsche euch viel Glück und vielleicht darf man ja hier noch einmal das Glück mit euch teilen

    Liebe Grüsse unbekannterweise

    Nathalie aus Luxemburg

  • kassiopeia

    Liebe Nathalie,

    das zu lesen hat mich gerade so unglaublich berührt… Vielen Dank! Ich fühl mich sehr verstanden und finde in dem Text soviel Hoffnung. Danke, einfach danke dafür!

  • Lilli

    Liebe Frau Kassiopeia,

    ich möchte noch schreiben… dass es mir sehr leid tut, wenn meine Worte Ihnen weh getan haben oder diese schmerzlich für Sie waren. Dies war überhaupt nicht meine Absicht, im Gegenteil, ich möchte noch einmal sagen, wie gerne ich hier bei Ihnen lese. Es ist tröstlich nicht alleine zu sein mit der Angst, und nicht alleine zu sein mit dem starken Wunsch und der Sehnsucht. Sie finden immer sehr sehr passende Worte… es ist nicht so, dass mir die Worte im Hals stecken bleiben, ich schreibe sehr viel für mich, aber (noch?) nicht im Internet.
    Die Kommentare der Mitmenschen, sie tun weh, vor allen Dingen wenn sie von Menschen kommen, die einem eigentlich sehr nahe stehen. Sie haben Recht, vermutlich möchten sie nur helfen und können gar nicht anders…

    Es ist grausam und gemein… aber… die Hoffnung und die Sehnsucht, sie ist so viel stärker, als die Angst. Das wünsche ich Ihnen von Herzen, dass Sie wieder Hoffnung haben und Kraft!

    Lilli

  • kassiopeia

    Ich war nicht verletzt. Tut mir leid, wenn das so rüber kam. Ich wollte nur trösten! Aber ich bin nicht sehr gut darin. Ich hab mich sehr gefreut über Ihre Worte, sie haben mich unheimlich berührt und ich denke seitdem an Sie! (Denn noch kann ich Ihre Worte/Blog (noch) nicht lesen!) :)