Ostern.

Als ich Anfang Dezember, so kurz vor Weihnachten unser fünftes Kind verlor so schnell, wie es
unter uns war, da hatte ich keine Kraft für Weihnachtskarten. Es tat mir leid, aber je mehr ich
mich dazu zwingen wollte, umso weiter weg rückte das Schreiben. Es ging einfach nicht.
Als ich im Januar dann wieder schwanger war, wollte ich etwas gutes tun und in diesem Jahr
zu Ostern Karten verschicken. Heute mitten am Tag bei irgend einer nebensächlichen Arbeit
im Haus, fiel es mir wieder ein. Ich wollte zwischen die Kinder ein größeres Ei setzen mit einem
großen Fragezeichen in der Mitte. Für unser sechstes Kind.
Ich schrieb keine Karten. Wieder nicht.

Immer wieder tauchen solche Fetzen auf. Fantasien, die ich hatte. Aber sie werden keine Realität
mehr werden, sondern bleiben nur eine Erinnerung. Immer wieder muss ich an unser Kind denken,
dass schon so lange bei uns war. Immer wieder frage ich mich, ob das kleine Herz gleich zu schlagen
aufgehört hatte oder was da mit meinem Kind passiert ist. Immer wieder tauchen Bilder von
dieser Busfahrt auf, immer wieder denke ich an diesen Aufprall und diesen Nachmittag. Immer
wieder sehe ich mich am Abend, wie ich mich an den Mann kuschle und sage, dass es doch noch
weh tut und ich so eine Kugel fühle, beim Umdrehen im Bett. Die Kugel, der riesige Bluterguss,
größer als unser Kind, lag drapiert wie eine weiche Decke um unser Kind herum. Erinnerungen.

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