Eingewöhnt!

Seit Anfang Oktober geht Ben nun Schritt für Schritt mit erst elf, dann zehn anderen Kindern in die 1- Tagesgruppe, wie zuvor schon seine Brüder. Als diese Eingewöhnung bevor stand, dachte ich nicht wirklich darüber nach, wie das ablaufen würde. Ich war auf alles vorbereitet. Aber war ich das wirklich? Ben weinte gleich am ersten Tag und so saß ich einige Male immer Freitags mit ein paar anderen Müttern noch im Gruppenraum bis wir nach Wochen aus dem Raum in den Flur geworfen wurden. Von dort zogen wir aber rasch um ins anliegende Büro. Gehen konnte ich nicht. Ende Dezember kam ich an einen Punkt, wo ich mich fragte, wie sinnvoll das alles wäre, ich hatte keine Lust mehr. Und ich wollte Ben auch nicht zwingen. Andere Mütter gingen, wenn auch die eine oder andere nur zum Kaffee trinken ins nahe gelegende Cafe. Ich konnte nicht einschätzen, ob er nur mehr Zeit bräuchte und ich nur geduldiger sein sollte, oder ob es nichts werden würde dort. Das komische war und was mich vermutlich Durchhalten ließ, war das er angekommen in der Gruppe sehr glücklich war. Ich konnte ihn vom Büro aus plappern hören, mein Kind quasselte wie kein anderes den Erzieherinnen ein Ohr ab oder sang laut mit. Nur Rein war ein Problem. Letzte Woche schon, war das Betreten der Gruppe kein Problem. Und am Ende der drei Stunden nahm mich seine Erzieherin an den Schultern, sah mir tief in die Augen und sagte: „Und beim nächsten Mal gehst du heim!“
Und wie bestellt, heute ging er rein, ich nahm meine Sachen und ging. Ich ging raus. Und ich fühlte mich leicht. Es ist nur ein Vormittag in der Woche, aber es ist fremdbetreut. Geschafft. Wann war ich das letzte Mal aus solch eigener Kraft allein? Noch nie seit Zoes Geburt. Klar passte immer mal wieder jemand auf Ben mit auf und ich verbrachte Zeit ohne ihn, aber nicht während er bei fremden Menschen war in einer Einrichtung. Ich lief beschwingt zum Einkaufen und schnappte mir für ein gesundes Frühstück eine Cola und einen Flammkuchen und schwebte nach Hause.
Es war die richtige Zeit. Er ist ein halbes Jahr jünger, als es seine Brüder bei der Eingewöhnung waren. Und wir haben eine andere, eine engere Bindung. Im Nachhinein wäre ich nie im Leben in der Lage gewesen ihn im Oktober dort allein zu lassen, auch wenn es anfangs nur eine Stunde gewesen wäre. Ich hätte das nicht verkraftet, dieses besondere allein sein zu dieser Zeit. Ich glaube, er hat mir in den Monaten unheimlich viel Halt gegeben. Und auch wenn es jetzt nur einmal „geklappt“ hat, weiß ich einfach, dass es jetzt für uns beide die richtige Zeit ist. Das macht mich sehr glücklich.
Als ich ihn abholte, musste ich mit den Tränen kämpfen. Zum Abholen sammeln sich alle Eltern vor der Tür und wenn sich diese öffnet strömen alle Kinder gleichzeitig zu ihren Eltern. Als mein Kind da raus kam, war er genauso klein, er wirkte nicht wie erwartet größer, er war immer noch mein Kleinster. Er stürzte sich in meine Arme und ich hielt ihn ganz fest. Ich war so stolz. Dann fiel mir auf, dass seine Autos nicht da waren und ich fragte, wo sie seien. Und schon flitzte er los, ganz selbstverständlich und kam zurück mit seinen zwei Mitbringseln. Er wusste genau, wo er suchen musste. Ich war noch viel stolzer auf ihn. Es war ein ganz besonderer Moment. Ich glaube, wir haben das erste große Abenteuer geschafft.

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