6 Wochen

Offiziell endet heute das Wochenbett. Und sie war schön, diese erste Zeit. Unvergesslich. Ich hatte großes Glück, bis auf die unglaublich fiesen Nachwehen gab es nur eine Brustentzündung und einen Milchstau, die mich in dieser Zeit quälten, ansonsten war ich fit, wir alle. Wir hatten alle Zeit der Welt zusammen zu wachsen. Wir konnten den kleinen Menschen in allen Zügen genießen. Und wir sind in dieser Zeit sogar verreist- an unserem Lieblingsort, was sollten wir mehr wollen?!… Was bleibt sind ganz viele wunderschöne Erinnerungen und auch ein Zauber.

Unser Sohn ist kein Neugeborenes mehr. Er ist ein Baby geworden. Ein kleiner Junge. Unser Sohn. Er kichert im Schlaf und lacht, wenn er wach ist die meiste Zeit, sucht ganz viel Nähe, liebt und braucht Wärme und ich schwöre so laut, hat noch keines unserer Kinder jemals gepupst.
Alle Kinder kümmern sich rührend um ihn und helfen uns wirklich oft, in dem sie ihn kurz ablenken, was ihnen wiederum unheimlich viel gibt, weil sie etwas bewegen können. Obwohl ich ihnen aber auch erklärt habe, dass sie manchmal nichts dafür können, keine Chance haben ihn zu beruhigen, weil er einfach nur seine Mama haben will und zwar sofort. Seitdem sagt Ben oft: „Mama!!! Der Emil will Dich!“ Bis dahin will er ihn aber die meiste Zeit über streicheln und festhalten, dabei geht er nicht immer zaghaft mit ihm um. Aber das ist Liebe :)

Ich weiß nicht, warum gerade jetzt, aber in den letzten Tagen sah ich immer wieder diesen kleinen Menschen an und dachte… Was wäre gewesen, wenn meine Angst größer gewesen wäre? Dann gäbe es dieses Wunder hier vor mir nicht. Ich hatte solche große Angst, aber sie war nie größer als die Sehnsucht nach diesem Menschen. Den es einfach nicht gäbe. Einfach so. Was wäre gewesen, wenn meine Verzweiflung nach alldem überwogen hätte? Und ich war oft verzweifelt gewesen. Was wäre gewesen, wenn ich den Mut nicht gehabt hätte? In diesem einem Monat, wo er entstand? Es gäbe ihn nicht, diesen Emil. Was wenn ich die Hoffnung aufgegeben hätte? Wenn wir vernünftig gewesen wären, wenn wir aufgehört hätten zu kämpfen? Wenn wir auf die Menschen gehört hätten, die uns geraten hatten länger zu warten oder es gut sein zu lassen?
Ich konnte nicht. Wir nicht. Und diese Schwangerschaft mit ihren Sorgen war alles andere als getragen von Selbstverständlichkeit. Ich hangelte mich von Tag zu Tag unserem Sohn entgegen. Und dabei fühlte ich mich oft so unendlich allein. Nicht nur, weil ich mich niemanden weiter groß anvertrauen wollte oder es nicht gekonnt hätte, sondern weil ich wusste, diesen Weg müsste ich allein gehen. Da war mein Mann, aber er hatte nicht dieses Kind unterm Herzen. Er war mir Nahe wie noch nie. Ohne mir groß nahe zu sein: “Aber trotzdem fühlten sie sich jetzt besser, weil sie beieinander waren und dieselbe Furcht und dieselbe Hoffnung hatten…” Leo Lionni.
Ich sehe diese Kind an. Und zu all der Dankbarkeit, dem Glück und der Liebe, die ich dabei empfinde ist es ein irrsinniges Gefühl zu wissen, dass dieser eine Moment, alles verändert hat. Und das unsere Liebe für jemanden, der noch nicht geboren, nicht mal empfangen war, dennoch stärker war, als die Trauer, die wir durchlebt hatten und all die Angst und die Sorgen um den kleinen Menschen, den wir herbei sehnten.

Ein Wunder. Ein Großes. Immer wieder. Immer noch.

10 Kommentare

  • Mamachaos

    Das klingt sehr schön.

    Ja, oft gehört grosser Mut dazu, grosses Glück enstehen zu lassen.

    Ich bewundere euch dafür!

    Ganz liebe Grüsse
    Nathalie

  • Frau Süd

    Einfach nur ♥

    Es ist so schön das zu lesen und ich kämpfe mit Tränchen, so sehr freue ich mich für euch und so sehr rühren mich deine Zeilen!

    Alles Liebe weiterhin,
    Frau Süd

  • barbara

    „once i had a hope“ schriebst du letzten september.

    ich freue mich so sehr für dich und deine familie, dass sich diese hoffnung erfüllt hat.

    ich glaube ich schrieb dir vom sternenhimmel in frankreich als dieses lied dort im radio lief. das war ein so ins herz gehender moment. nun umso mehr.

    alles, alles liebe für euch!

    barbara

  • kreativberg

    wie schön.
    und danke auch für deine worte bei mir. du hast recht. ein anderes kind wächst in mir heran. loslassen, was an „erfahrung/erinnerung/angst“ da ist.
    danke von herzen. ich fühle mich so verstanden von dir.
    maria

  • frau siebensachen

    was wäre gewesen wenn… alles wäre anders geworden.
    wie gut, daß es so ist, wie es ist!
    in allem.

    auch ich bekam damals, nach dem tod unsere zweiten tochter, in der ss mit der 3. tochter, zu hören, daß ich aber mutig sei.
    ich habe geantwortet: „mutig hätte ich sein müssen, um NICHT noch ein kind zu bekommen.“ die leere auszuhalten, das schien mir unerträglich. ich brauchte einfach noch ein gegenüber für meine liebe auf dieser welt, nicht nur im himmel.

    alles liebe!