Bindung

Am Wochenende ist etwas passiert mit mir. Bei der Eingewöhnung von Ben im Kindergarten passierte, was schon in der 1- Tagesgruppe passierte. Er weinte. Bevor wir überhaupt losfuhren. Er wollte nicht. Nicht dahin, lieber hier bleiben, sagte er immer und mir brach mein Herz. Natürlich habe ich ihn dem Papa in die Hand gedrückt und er fuhr in trotzdem, aber da blieb dieser Kloß. Und ich hörte wieder Sätze, wie „Das liegt an eurer engen Bindung.“ Und ich verstand es nicht. Da war wieder dieser Satz und der klang in meinem Ohr „eine engere Bindung, als zu den andern“ und das fühlte sich falsch an. Und ich hörte auch „du klammerst und es ist somit deine Schuld, dass er weint, wenn du nur loslassen würdest, könnte er glücklicher in den Kindergarten gehen“ also schubste ich ihn weg. Es musste doch gehen. Das musste doch irgendwie gehen. Ich wollte doch, dass er geht, wieso sollte das an mir liegen, meine Schuld sein?
Am Kindergarten lag es jedenfalls nicht. Er ließ sich dort auffangen und trösten, das ist soviel wert und er war schön im Spiel, nur das Abschied nehmen war ein Problem. Und dann wurde er auch noch krank und ich wurde immer unruhiger…
All diese Sätze nach dem Ersten hat nie jemand zu mir gesagt, ich habe sie gehört. Weil Bindung ja erstmal was schlechtes sein muss, „Klammern, festhalten“ hallte es in meinem Ohr. „Du musst loslassen…“ sprach mein Kopf und das Herz schrie: „WIE???“ Was denn noch?
Und dann kam die Lösung. „Er darf weinen“, hörte ich. „Das liegt an ihrer engen Bindung. Seien Sie stolz drauf, das ist etwas Gutes. Das ist gut fürs Leben, das zeigt, dass es passt. Er darf das. Das gehört so.“ und diese Worte arbeiteten in mir. Und auch wenn er noch nicht lachend los rennt, wenn Kindergarten ist, aber er weint auf einmal nicht mehr. Weil ich spüre, dass es in Ordnung wäre, wenn es so ist, dann tröste ich mein Kind. Jetzt, jetzt versteh ich es. Und jetzt fühlt es sich auch gut an, dieser große Schritt.
Bindung. Bindung ist wichtig.

Bindung ist auch, was ich fühlte, als ich im Wochenbett aufstand oder heute morgen. Natürlich ist da der Kindervater, der liebt und erzieht und der könnte auch. Aber wenn ich dem Tochterkind sage, dass die anderen Idioten wären, falls sie sie dafür auslachen, weil doch jeder Mensch etwas besonders gut kann und was anderes gar nicht gut und sie sich beruhigt, Vertrauen hat… wenn ich extra runter komme, anstatt auszuschlafen, um Ben auf den Schoß zu nehmen und er ruhiger wird, Noah sich freut weil ich ihn mit Baby vor der Brust wirklich im Schulbus begleite, nur um seine Tasche fürs Schullandheim zu tragen, ich auch noch in Bens Bett liegen bleibe, bis auch Tom über uns eingeschlafen ist, ja dann geht mir das Herz auf, weil ich mit so kleinen Dingen, soviel bewegen kann… Bindung. Ein Zauberwort.

12 Kommentare

  • LittlebinHH

    PUNKT!!! Genauso und nicht anders! Es ist ein „gutes Zeichen“, wenn ein Kind weint, aber sich auch auffangen lässt. Es fühlt sich für uns Mütter nicht gut an, aber es zeigt die Bindung – die gute Bindung.

  • Frau Kreis

    Die Tatsache einer engen Bindung als Vorwurf oder Kritik vorzubringen, ist extrem ärgerlich. Kleine Kinder brauchen Wurzeln, große Kinder Flügel – aber das weißt du ja besser als ich mit meinen popeligen drei Kindern ;-). In vielen anderen Kulturen ist das alles völlig normal, nur wir komischen Mitteleuropäer meinen, das Kind sollte mit drei Monaten im eigenen Bett schlafen, mit einem Jahr ohne Weinen in die Kita gehen und mit zehn Jahren 40 Stunden in der Schule verbringen (um am Ende, wenn das Kind erwachsen ist, unnötig an ihm zu klammern, seine Wäsche zu waschen und ihm das Auto zu überlassen). Ich glaube manchmal, uns sind einige gesunde Instinkte abhanden gekommen … alles Liebe von Frau Kreis (die viel mehr liest als kommentiert)

  • Judy

    Da kann ich mich nur Frau Kreis anschließen.
    Und außerdem – ich glaube, wir werden Rotz und Wasser heulen, wenn der BabyChief irgendwann in die KiTa geht. Der wird sich für UNS schämen ;)
    Wir wollen ja noch nicht mal über das Ausqartieren ins eigene Bett nachdenken ;)

  • kassiopeia

    @LittlebinHH: Dankeschön! Mir bedeutet das viel!

    @FrauKreis: Hallo, du Liebe! Hier in dieser Situation hat das niemand zu mir gesagt! Aber ich verstehe sehr gut, was du meinst! Und es sind nicht drei poplige Kinder, sondern drei wundervolle! :) Ich denk an dich!

    @Judy: :) Ich habe Rotz und Wasser geheult. Und heule es noch, weil er gerade so so angekommen scheint. Ich bin wahnsinnig stolz! Und Familienbett und Kita schließen sich nicht aus! :P

  • maggie

    „Weil Bindung ja erstmal was schlechtes sein muss, “Klammern, festhalten” hallte es in meinem Ohr.“
    Hier auch immer so, immernoch, oft. OBWOHL ich um das gute, tolle, schöne, wundervolle dieses Dings weiß, dieser… Bindung. Und dennoch dieses loslassensollen im Hinterkopf. Ist ja auch so. Und dann hab ich wieder dieses daseinmüssen im Kopf, wenn ich manchmal die Kinder aber doch loslassen will, weil ICH das gerade für das Richtige halte.
    Komisches Ding das. Und in zwanzig Jahren werden wir darüber lachen :)

  • sandra

    so weit ich das mitbekommen habe, dauert das weinen nur solange man das Elternteil noch sieht…Sobald es ausser Reichweite ist, ist alles ok….Udn wenn Du ihn dann abholst,will er erst mal nicht weg….Weil die Kidner erst einen Schnitt zwischen den beiden Welten machen müssen oder aber es mit usn teilen wollen…

  • kassiopeia

    @maggie: An dich hab ich beim Schreiben gedacht! :) Und ich hoffe doch! #20Jahrespäter

    @sandra: Aber das war ja das Problem für mich, das herzzerreißende Weinen, bevor er überhaupt los gefahren war. Und ich habs nicht verstanden, mir tat das so weh. Seit dem ich das Gefühl habe, dass es okay so ist, weint er nicht mehr, genau seit diesem Moment- ist doch verrückt. Aber schön :)

  • FrSchnütchen

    eine enge Bindung ist also was gutes?
    ich hatte von der KindergartenTante vernommen, das ich das Kind nicht los lassen würde und dabei hatte ich es versucht … aber das Kind klammerte und klammerte …
    %-/