Spiegelbild

„Ich sehe ein bißchen aus wie meine Mutter.“, denke ich vor dem Spiegel beim Zähneputzen. Morgen werde ich mit meiner grossen Tochter zum Friseur gehen. Sie wird bald neun. Halb- erwachsen. Und ich werde ihre Mutter sein, also ich bin es natürlich schon jetzt. Aber morgen werde ich es dort sein, diese Bastion wird erobert. Was pathetischer klingt als es ist, denn schlussendlich, fühl ich mich da immer recht uncool und wenig aufregend.
Ich sehe aus wie eine Mutter, mein Haar, meine Brille. Meine Haut hat sich verändert, im Gesicht, im Dekollete, mein Körper sich auch. Elf Jahre mit ihm. Seitdem veränderte ich mich. Ich werde dreissig. Sie werden lachen, ich werde ja nicht siebzig. Aber ich sehe kritisch die Veränderungen an mir. Innen drinnen verschieben sich auch Rollen. Ich bin in Aufruhr. Und fühle mich dabei sogar egozentrisch. Nur abstellen, kann ich diese Grübelei nicht. Schade auch.
Wenn ich es genau betrachte fühle ich hier und da wie damals beim ersten Kind. Sie stellte alles in mir auf den Kopf. Das musste ich verarbeiten, das brauchte Zeit. Halb- erwachsen ist sowas wie eine zweite Geburt für mich. Halbzeit eben. Was geschummelt ist, denn ich hoffe ja, meine Kinder wollen mich nach dem 18. Lebensjahr wiedersehen. „An Kindern sehen wir wie die Zeit vergeht.“ Nicht sonderlich kreativ, aber so ist es doch.
Ich sah mich immer als frische, lebensfrohe Fünfzigerin, eine Brigitte- Woman- Leserin. Vielleicht würde ich in der Hinsicht gern die Zeit vordrehen. Wie Pflaster abreissen. Fünfzig steht mir bestimmt gut.
Also das mit dem selbstbewusst und froh, muss ich wohl noch üben, ich tippe auf zwanzig Jahre so in etwa.
Wir lesen uns dann, vielleicht klappts ja.

2 Kommentare

  • Judy

    Ich glaube ja, es gibt für jeden Menschen ein ideales „Wohlfühlalter“. Die Jugend war meines auch nicht. Ich fühle mich auch erst seit ich über 30 bin irgendwie eher „bei mir“. Vielleicht habe ich auch deshalb keinerlei Angst vorm Altern und sehe dem gelassen entgegen.
    Und wahrscheinlich gibt es deshalb aber auch so viele Menschen, die genau das haben, und deshalb teilweise nichtmal in Würde altern können. Bei denen war eben die Jugend das „Wohlfühlalter“.