Fremdbetreut

Mama notes fragt nach Erfahrungen mit Schule und Kinderbetreuung. Jademond und Frische Brise haben schon etwas geschrieben und heute bin ich dran…

Als ich schwanger mit Zoe war, steckte ich inmitten meiner wieder aufgenommenen Schulausbildung. Ich hatte bereits früher schon einmal ein Praktikum in einem Kindergarten gemacht, zwischendrin eine Ausbildung als Erzieherin in Berlin begonnen (und wieder verworfen), jetzt hatte ich in der Heilpädagogischen Tagesstätte mit Schulkindern zu tun und im weiteren Verlauf des Jahres an der Fachoberschule in zwei Kinderkrippen zu arbeiten, eine davon fantastisch, die davor von mir verlassene, furchtbar grauenvoll.
Für mich stand im Herzen ziemlich schnell fest, dass ich dieses heiß ersehnte Kind nicht einfach so rasch weg geben würde wollen. Ich wollte warten und sie lieber drei Jahre zu Hause lassen. Hinzu kam, dass vor 10 Jahren, Krippe hier im Münchner Umland so eine Art Fantasiewort war. Ich möchte eigentlich keine Zahlen nennen, aber wir hatten nicht mal annähernd genug Plätze. Es gab damals vielleicht eine oder zwei Einrichtungen hier in unserer nicht allzu kleinen Stadt, die Kinder unter drei Jahren betreute, ein schlechter Scherz für alle, die drauf angewiesen waren. Dafür gab es diese „Tagesmütter“, die wir aber nie hätten bezahlen können, weil der Mann zu diesem Zeitpunkt als Alleinverdiener nur eine Halbtagsstelle inne hatte.
Nichts desto trotz für mich war es genau richtig, so wie es war. Ich wollte gern zu Hause bleiben, unterstützend spielte mir hinzu, dass ich ja der Liebe wegen von Berlin nach München gezogen war und auch wenn das niemand gern ausspricht, aber es gibt meiner Meinung nach im Großen und Ganzen sehr wohl noch so etwas wie eine Linie in Deutschland zwischen alten Osten und alten Westen des Landes und das spürt man noch nach all den Jahren, weil es Kinder (uns) aus dieser Zeit gibt, die selbst Kinder bekommen haben. Das ist auch nichts Schlimmes dran, das gehört zu der Geschichte unseres Landes nun einmal dazu. Ausnahmen gibt es immer, aber für Mütter, wo ich herkam gehörte die Berufstätigkeit neben den Kindern dazu, während es nun dort wo ich wohnte, vermehrt niemanden groß störte, im Gegenteil, wenn man als Frau in den ersten Jahren erstmal bei den Kindern blieb. Meine Schwiegermama war selbst zwar nicht ausschließlich Hausfrau gewesen in den letzten Jahren, hatte aber sehr viel Zeit gern für ihre Kinder zu Hause verbracht, sie begann wieder in ihrem Beruf als Hebamme zu arbeiten, als Nils auszog. Während meine Mutter in Berlin erstmal in jungen Jahren sowas wie gezwungen war und es später gar nicht anders kannte, immer viel arbeitete und nie hätte zu Hause bleiben können, weil sie gar nicht gewusst hätte wie das geht. Meine Schwester und ich besuchten erste eine Krippe, dann Kindergarten und vor oder nach der Schule später den Hort. So war das.
Für mein persönliches Kinderhaben- Herzmodell spielte mir also die Örtlichkeit vor 10 Jahren schon in die Hände. Ich denke nach all den Jahren nach wie vor, dass ich mich in Berlin sehr viel schwerer getan hätte, zu Hause zu bleiben, der sogenannte soziale Druck wäre größer gewesen.
Als Zoe dann zwei Jahre alt war, begann das Umsehen nach einem Kindergarten und auch hier zeigte sich im wunderschönen Münchner Umland, dass es nicht so einfach werden würde einen Platz für das Tochterkind in einer Einrichtung zu finden, die uns gefällt. Denn Zoe war mit ihrem Geburtstag im November kein Kind, dass einen Anspruch auf einen Platz in diesem Jahr gehabt hätte. Wir bemühten uns und bekamen erst einen Platz in einem Integrativen Kindergarten, da ich aber dann schon mit dem dritten Kind schwanger war und uns der Kindergarten mit katholischem Träger so gut gefallen hatte, nahmen wir mit Kusshand einen uns dort angebotenen Platz und besuchen diesen Kindergarten mit wechselnder Besetzung nun schon das siebte Jahr. Zoe war demnach 2 Jahre und 10 Monate als wir mit der Eingewöhnung im Kindergarten begannen.
Diesen besuchte sie von 8-15Uhr, weil ich zu Hause noch den kleinen Noah hatte und das für uns passte. Heute würde ich sagen, es war vielleicht ein wenig zu lange für sie, aber damals passte es nicht anders für mich. Andere Eltern konnten noch den Frühdienst ab 7Uhr dazu buchen, um 17Uhr schloss der Kindergarten und freitags schon um 15Uhr.
Sie ging vier Jahre in den Kindergarten, auch etwas was nicht jeder mögen muss, aber ich finde es gehört ein bißchen mehr dazu, als nur rechnen und schreiben können, um die Schule zu besuchen. Sozial -um Himmels Willen- war Zoe auch kein Kind, was weiter den Kindergarten gebraucht hätte, aber ihr hat das Jahr jetzt auch nicht geschadet und das Leben soll ja auch Spaß machen :)
Was wir aber schon in der Zeit des zweiten Jahres im Kindergarten gemacht haben, war uns nach alternativen Schulformen umzusehen. Eine Schule hatten wir da auch im Auge und zu der Zeit, in der das mit dem vierten Jahr im Kindergarten für Zoe interessant wurde, gab es noch diesen Übertritt, es hing in der Schwebe, ob Kinder bis Dezember geboren nun Muss- Schulkinder sind oder Oktober bis Dezember geborene Kinder Kann- Kinder bleiben. Aber sie blieb ein Kann- Kind. Das ist nun bei Ben (aktuell 4 Jahre alt) im nächsten Jahr sehr interessant, denn er wäre ein Muss- (Ein)Schulkind, wir würden ihn aber gern mit Ende September geboren lieber ein Jahr länger im Kindergarten sehen, ob das klappt wird sich zeigen.
Ich sah mir ein Jahr bevor es wichtig wurde schon die Montessori Schule an. Und ein Jahr später gingen wir den ganzen Bewerbungsweg durch und bekamen für Zoe einen der heiß begehrten Montessori Schulplätze. Deswegen fahren unsere Kinder auch mit dem Schulbus und laufen nicht wie ihre Freunde in der Siedlung zur sogenannten Sprengelschule. Aber wir hatten das sehr gut überlegt und durchdacht und dank meiner Freundinnen, die mir zwei Jahre voraus hatten, hatte ich einen realistischen Blick für die Schule (war ja bei mir auch noch nicht allzu lange her) und ich wollte unbedingt eine Alternative. (Homeschooling ist auch für mich Thema, aber ich würde es mir bei der Menge an Kindern nicht zu trauen ohne Vorbildung. Wer schöne Anregungen dazu sucht, findet diese bei kreativberg.) Was uns bisher wunderschöne, entspannte Schuljahre beschwerte. Die Kinder machen nach dem Mittagessen selbstständig ihre Hausaufgaben und wir hatten nie den Druck, diese Machtkämpfe um die Schularbeiten. Sollten wir mal einen schlechten Tag haben, wurden die Aufgaben vertagt. Ich musste nie sagen, „du musst aber…“, die Verantwortung lag beim Kind. Wenn sie etwas mussten, dann den Rückstand der Lehrerin erklären, aber es gab keine drohende 6, kein Bauchweh und keine Tränen in den ersten Wochen der Schulzeit oder danach (wie tatsächlich im nahen Umfeld auch bei anderen Kindern).
Mit der Einschulung des ersten Kindes änderte sich etwas Grundsätzliches für uns. Da nun der Schulbus rund um 13Uhr hier ankam, dachte ich erst, vielleicht hätten wir ja Zeit für ein Mittagessen, Hausaufgaben und dann würde ich allein „schnell“ (eine Stunde) die „Kleinen“ vom Kindergarten abholen und das Schulkind würde zu Hause warten oder mitkommen, denn gebucht hatten wir ja den Kindergarten noch bis 15Uhr. Aber schnell kristallisierte sich für uns heraus, dass wir alle lieber gemeinsam zu Hause essen und es stressfreier ist. Was mir bescherte, dass ich nun im dritten Jahr kurz nach 11Uhr das Haus verlasse, um die Kindergartenkinder vor den Schulkindern einzusammeln.
In diesem Jahr kommt Zoe in die vierte Jahrgangsstufe und wechselt somit erstmalig ihre Klasse und hat soweit ich weiß an einem oder zwei Tagen etwas länger Unterricht. Ein Jahr später das gleiche für Noah. Und die Frage bleibt bestehen, wie es mit Zoe weiter geht, aber das hat hier jetzt vorerst nichts zu suchen. Generell kann sie aber bis zur 10. Klasse auf der Schule bleiben, die Empfehlung geht nur in eine andere Richtung. Wir als Eltern sind gefragt (mit dem Kind) zu entscheiden.
Unsere Schule bietet generell eine Mittagsbetreuung bis halb vier an, soweit ich weiß. Zudem gibt es einen Ganztagszweig für Grund, Mittel und Oberstufe, gegen den wir uns auch in diesem Jahr entschieden haben, da ich die Zeit mit den Kindern einfach genieße. Noch passt das alles richtig für unsere Familie. Der Nachmittag gehört uns. Die Kindern stromern draußen herum und treffen bis abends ihre Freunde.

Im Moment finde ich, ist eine generelle gute flächendeckende Betreuung aller Kinder nicht gegeben, weder qualitativ noch tatsächlich greifbar, sprich nicht jede vorhandene U-3 Betreuung ist wirklich eine gute.
Der Berufszweig hat nicht den besten Stand, die Bezahlung ist bestimmt auch nicht so toll. Und hier gibt es zu wenig Erzieher für all diese neuen schicken aus dem Boden gestampften Einrichtungen für unser aller Kinder. Soweit ich weiß gibt es deutschlandweit nicht mal eine einheitliche Ausbildung für den Beruf, jedes Bundesland macht es anders, zumindest war es zu „meiner Zeit“ so. Dann heißt es Kinderpfleger werden abgeschafft und wo anders werden händeringend welche gesucht. Tagesmütter werden geworben nur damit die Kinder „irgendwo“ betreut werden können und diskutieren in den Kursen ihre Bezahlung (Vom Jugendamt bekam ich 2,93Euro die Stunde) und die Dauer der Ausbildung mit den Kursleiterinnen, die sich stark machen für eine noch längere Ausbildung der Erzieherinnen, sogar als Studium wie in den einen oder anderen skandinavischen Nachbarländern.
So vielschichtig erlebt, ob als enger Beobachter oder selbst aktiv noch im letzten Jahr, auch als Tagesmutter- es ist sauschwer den Qualitätsstandard zu halten und den Kindern wirklich gerecht zu werden.
Vieles hat sich durch die Einführung des Elterngeld geändert. Ein paar Frauen, die früher versucht hätten zwei Jahre zu Hause zu bleiben, sind finanziell gezwungen nach einem Jahr zurück in den Job zu gehen. Dabei ist es je nach Örtlichkeit nicht wirklich leichter geworden eine Betreuung fürs Kind zu finden. Natürlich gibt es mittlerweile mehr Tagesmütter, mehr Krippen und mehr Hortplätze, als in den Jahren zuvor, aber der Bedarf ist nach wie vor nicht gedeckt, aber da.
Ich habe gesehen wie meine Freundinnen begannen zu straucheln, nachdem ihre Kinder bis nachmittags in den Kindergarten gegangen waren und die Sprengelschule in der ersten Klasse drei Mal in der Woche kurz nach 11Uhr aus war. Am besten noch mit Sportstunden am Nachmittag. Da wurde gezittert, ob man in den privaten Einrichtungen einen Platz wenigstens in der Mittagsbetreuung (ohne Hausaufgaben) oder eben einen echten Hortplatz bekam, weil sie arbeiten gehen wollten und mussten.
Das Münchner Umland wird mit jedem Jahr attraktiver, wie in anderen Großstädten auch. Es wird gebaut auf jedem freien Quadratzentimeter, aber alles andere hinkt hinterher. Von Bus- und S- Bahn- Takt bis zur Betreuung der Kinder. Es werden zwar neue Einrichtungen und an Schulen an- gebaut, aber die Leute fehlen. Die Frage ist, wie man das attraktiver gestalten kann. Und das fängt vielleicht bei uns Eltern an und unserer Wertschätzung gegenüber den Menschen, mit denen unsere Kinder täglich viele Stunden in der Woche verbringen. Dennoch bleibt es ein sensibles Konstrukt. Ein Geflecht von überhaupt das Geld haben, entweder mehr Zeit zu Hause zu bleiben beim eigenen Kind oder mehr Geld zu haben für eine gute Betreuung fürs eigene Kind, in der Zeit, in der man dann arbeiten gehen möchte und/oder muss, damit die Leute, die sich dann um unsere Kinder kümmern auch angemessen bezahlt werden, die aber erstmal gut ausgebildet sein müssen.

Es geht meiner Meinung gar nicht darum, was genau richtig oder falsch ist von Eltern, von Müttern für ihre Kinder. Ich bin völlig überzeugt davon, dass das für jede Familie etwas anderes ist, sondern dass wir als Familien schon wie bei den brisanten Thema um die (stark eingeschränkte) Arbeit der Hebammen aktuell überhaupt eine echte Wahlfreiheit haben sollten. Da liegt noch ein langer Weg vor uns…

5 Kommentare

  • Suse

    Hier in Bayern ticken die Uhren etwas anders. Die regierung würde ja gerne alle Frauen vor dem herd stehen sehen…
    Aber wie Du schon sagst, wichtig wäre eine Wahlfreiheit bei der Betruung. Die momentan in den meisten Familien aber nciht gegeben ist. Das zweite Einkommen fehlt.
    Die qualitativ hochwertige Betreuung fehlt aber oft auch.

  • denise

    Unser Kindergarten den wir jetzt auch im sechsten Jahr besuchen, bietet seit letzten Jahr Krippenplätze für ein jährige Kinder an. ( Ein extra Raum für Krippenkinder wird gerade umgebaut, dafür haben alle Kindergaten Kinder jetzt keine Turnhalle mehr.) Seit September gehen in die Gruppe meiner Tochter 2 Kinder die 1 – 1 1/2 Jahre alt sind. Die Gruppe wird von 2 Erziehern betreut, die nun für die Anderen Kiga Kinder keine Zeit mehr haben, weil sie nur noch mit den 2 Kleinen beschäftigt sind. Die Qualität der Betreuung ist absolut gesunken und ich bin froh, das wir es bald geschafft haben. Auch wir wohnen in Bayern. Was ich toll finde ist die Kostenlose Mittagsbetreuung in der Grundschule bis halb vier. Meine beiden Großen gehen bis 13 Uhr in die Mittagsbetreuung und kommen dann gemeinsam mit dem Schulbus nach Hause.

  • morgan

    Ein guter Artikel zu einem absoluten Reizthema – vor allem bei mir :D
    Wir sind vor gut 3 Jahren hier in den Ort gezogen, uns wurde blumig versprochen dass der Große ab 2 einen Kindergartenplatz bekommen würde…
    Tja, als es dann auf dei magischen 2 zuging wurde es immer stiller und die Kindergärten. Irgendwie scheint bei der Stadtplanung keiner bedacht zu haben, dass in das RIESIGE Neubaugebiet Junge Eltern ziehen könnten. So was aber auch!!! ;-)
    Das Beste war die Absage eines der Kindergärten: „Ja, Sie brauchen den Platz ja eh nicht, Sie haben ja noch ein jüngeres Kind!“ Da war ich so platt – ging ich doch schon längst wieder stundenweise arbeiten, von zu Hause, mit einem notdürftig zusammengeflickten Betreuungskonzept aus Omas, Tanten und Nachtarbeit…
    Ich hab dann beide Kinder zufällig in einer (vergleichsweise sehr teuren) privaten Einrichtung unterbekommen. Ein Lottogewinn :-) Der dritte im Bunde geht da inzwischen auch hin.
    Wir wohnen übrigens NICHT in Bayern. Gottseidank ;-) Da wäre es mir definitiv nicht möglich, mein Familienkonzept zu leben.