34+2
Als ich vor beinahe zwei Wochen im Krankenhaus ankam, schrieb ich genau den Zahlendreher: 32+4, das heißt seitdem sind fast schon wieder zwei Wochen vergangen. Für Anton ist das großartig, auf der anderen Seite sieht 34 auch noch verdammt klein aus, immer noch hieße es viel Unterstützung und getrennt von ihm sein- jeder Tag im Bauch ist ein guter Tag.
Morgen soll der Mann wieder arbeiten gehen. Die Kinder haben noch eine Woche Ferien und die beiden Kindergartenkinder bleiben einfach auch hier, so spare ich mir das Einsammeln mittags. Ich hoffe, dass wir das hier so gut hinbekommen. Die Hilfe, die wir uns suchen wollten gab es nicht, keine Kapazitäten hieß es. Das war wohl der Punkt, an dem wir beide eingeknickt sind und nicht weiter gesucht und telefoniert haben, weil auch das Zeit und Energie frisst und wir beide hoffen, dass es ohne fremde Menschen geht, wie immer. Aber ein bißchen nervös bin ich schon…
Auch wenn dieses Gefühl auf rohen Eiern zu laufen nach gelassen hat. In den ersten Tagen zu Hause war ich sehr unsicher und wusste nicht, was ich darf oder nicht darf. Alles wirkte unsicher, hölzern, ungeübt, teilweise unglücklich, weil die Angst blieb, dass alles doch noch sofort vorbei sein könnte. Wenn ich hilflos wurde und mich ärgerte wurde der Bauch eigentlich auch auf Kommando hart, was soweit ja in Ordnung ist in diesen Schwangerschaftswochen, nur nicht regelmässig, aber diese Unsicherheit half halt nicht wirklich beim Ankommen und Mitte finden.
Viele Hausarbeiten habe ich gemieden, Bäder putzen, schwer heben, wischen und saugen überließ ich dem Mann. Aber ich fand keine echte Balance, das Zurücknehmen fiel mir schwer und in meinem Gedankenkarussell begann mich zu fragen, wie ich dann nur ein schönes Wochenbett erleben soll, wenn ich das jetzt schon nicht schaffe einfach mal los zu lassen. Was realistisch wäre, fragte ich mich, welche Erwartungen ich von dieser Zeit hätte.
Als wir letzten Montag bei der Hitze am Abend einen Abstecher ins Freibad wagten, traf ich prompt „meine“ Krankenschwester, die mich sofort fragte, ob ich mich auch weiter schone und flüsterte: „Geht gar nicht oder?!“… Aber irgendwie ging es und weniger, als wenig kann man dann auch schon nicht mehr machen. Als der Mann dann zu sehen war, fragte sie ihn besorgt: „Ist sie brav?!“
Ich war sehr brav, saß auch an dem Abend nur auf meinem Po, was auf Dauer aber auch unangenehm war und so ganz langsam hier und da kann ich auf die vergangenen Tage auch zurück blicken, als eine schöne Zeit in Familie, auch wenn wir nicht im Urlaub waren oder gar so flexibel oder unternehmungslustig sein konnten.
Laufen kann ich nicht mehr gut, ich weiß nicht ob es an dem Mangel generell liegt in den letzten Tagen, aber es zieht dann so krampfartig unten im Bauch, als würde jemand an der Gebärmutter reißen oder ziehen, ganz fies. Aber Wehen gab es sehr wenige. Das ist auch das was ich mir mantramässig vorsage, egal wie sehr es nach unten schiebt oder drückt, ohne Wehen wird kein Kind geboren. Was ein bißchen lustig ist, wenn ich an Bens Geburt denke, von der ich den Kindern erst jetzt wieder erzählt habe.
Dankbar bin ich dafür, dass ich Emil beistehen konnte und das war auch bitter nötig, der kleine Mensch schlief so viel und brauchte wirklich einen Tag um die zweistündige Narkose und die Infusionen los zu werden.
Ich bin gespannt, zähle hier und da ein paar Tage und weiß trotzdem nicht genau, wann unser Sohn auf die Welt will. Heute habe ich mir den ersten Himbeerblättertee gekocht und fand ich scheußlich. Schmeckte der schon immer so?
Es beginnt jetzt die letzte Zeit der Vorbereitung auf die Geburt, mit der ich mich wie schon bei Emil nicht groß auseinander setze. Ich merke manchmal wie sehr ich es immer noch nicht fassen kann, dass da ein echter kleiner Mensch in mir wächst, in mir wohnt und wirklich, wirklich zu uns kommt?! Allein dieser Gedanke ist einfach nur unglaublich und wunderschön! Heute habe ich mich dann das erste Mal dabei erwischt, wie ich den Bauch streichelte und Ungeduld fühlte: „Wann kommst du endlich?“ Natürlich hat er noch Zeit, die er braucht, aber die Sehnsucht wächst, ganz natürlich am Ende der Schwangerschaft, ein Abschied vom Bauch. Ich freue mich unglaublich auf dieses Kind und bin so so gespannt, ob er noch sieben Wochen braucht oder nur noch wenige „Tage“…
(Dabei fehlt noch so „viel“. Er hat kein Bett, noch kein echtes Heimkomm-Outfit, keine Geburtsgirlande, die ich mal angefangen hatte, kein selbstgenähtes Kuscheltier, das mir im Kopf herum spukt und auch keine Wolldecke, die ich eigentlich selber machen wollte… Und seit Tagen suche ich intensiv nach einem bestimmten Tuch, in dem ich ihn gern tragen möchte. Das fühlt sich wirklich noch unrund an…)
3 Kommentare
julia
(herz)
ich denk an dich.
rita
oh diese ungeduld kenn‘ ich so gut:) ich war bei jedem kind so gespannt, wie es wohl aussehen und sich anfühlen wird. diese sehnsucht ist eine der schönsten:)
liebe grüße:)
Ina
Ich hab mir den Himbeerblättertee nach 2 Schlucken in Kapselform organisiert… Bewundere jede, die das Gebräu runterbekommt! ;)