Wo Licht ist, ist auch Schatten…

Vor einem Jahr war ich beim Frauenarzt und dort bestätigte sich mein ungutes Gefühl, mein erwartetes Baby war nicht wirklich zeitgerecht entwickelt, eine Woche sollte ich noch abwarten und dann erneut kommen, so hätten wir Gewissheit. Eine Woche voller Bangen und trotz allem auch Hoffnung, genau an meinem letzten Geburtstag dann die Gewissheit, dieses Kind werde ich nie im Arm halten… ich sagte bis auf meinem Mann niemanden etwas und verbrachte einen wunderschönen Nachmittag geburtstagsfeiernd mit meinen Freundinnen, der mir Kraft geben sollte, die kommenden Wochen durchzustehen.
Bis zur zwölften Woche musste ich warten bis zur kleinen Geburt, Tage die sich zogen in Ungewissheit, eine kleine Zerreissprobe aber auch Zeit zum Abschied nehmen… ganz bei mir sein.
Diese Art Abschied zu nehmen von der Hoffnung hat mich stärker gemacht, hat mir Zeit gelassen, die ich anders nie gehabt hätte, hat mir trotz der rasend machenden Schmerzen mitten im Urlaub auch Vertrauen in meinen Körper geschenkt, am Ende war ich stolz auf mich und konnte besser Loslassen… meinen Frieden machen, weil ich Zeit gehabt hatte, traurig zu sein…
Umso mehr überrollen mich ein Jahr später die Emotionen, meine Gefühle überumpeln mich, darauf war ich nicht vorbereitet, es war kein Baby, dass ich schon glaubte zu spüren wie James, aber es hat Spuren hinterlassen in meinem Herzen, vier kleine Seelen sind es nun, an die ich mich erinnere. Und der Körper oder die Seele oder beides zusammen erinnern sich nun ein Jahr später, ob ich das nun möchte oder nicht.
Ich bin so wahnsinnig berührt von und verliebt in Lilou, jeden Morgen bin ich froh, dass ich nicht geträumt habe und sie tatsächlich da ist, ich schmelze dahin, wenn sie ganz nahe an mir schläft, mein Herz hüpft, wenn sie mich anlacht und ich ihre Grübchen sehen kann, ich liebe es ihren Duft einzusaugen und lache herzhaft bei ihrer Gesichtsakrobatik, doch man kann nicht mit dem einen Baby, ein anderes ersetzen… das wäre auch nicht gesund, es muss Platz sein können für unendliche Freude und alte Trauer.

Lilou wurde geboren, genau ein Jahr nach dem positiven Test vom letzten Jahr. Das ist der sich schliessende Kreis, von dem ich schrieb, nur ein Tag im Kalender, aber eben genau dieser eine. Aber es ist auch der Tag, an dem mein Mann mich vor sechszehn Jahren fragte, ob ich seine Frau werden wolle…
Alles in allem, ganz schön viele Gefühle für eine Frau…
Und mir fehlt zur Zeit die Natur zum Ankommen, letztes Jahr hatte ich so ein Glück Urlaub im Allgäu machen zu dürfen, ich glaube die nächsten Tage muss ich raus… mich erden, mich spüren, was auch aber bedeutet, dass ich aus meiner Wochenbettblase heraus muss, raus wo andere Menschen sind… bin ich dafür auch schon bereit? Und eigentlich müsste ich mich mehr schonen, sagt mein Körper. Ich hoffe, ich finde einen guten Weg…
Und durch das Erinnern und nochmal Trauern an Jahrestagen muss ich wohl gehen, heute wie damals, einfach mittendurch…

Kommentare deaktiviert für Wo Licht ist, ist auch Schatten…