les moments

Ich erwache früh, es ist hell, die Sonne wird heute wieder warm scheinen, die Vögel werden gefühlt jeden Tag etwas lauter, der Frühling er ist wirklich da und während vor elf Jahren auch alles immer lebendiger wurde, zum Leben erwachte nach dem Winter, warst du nicht mehr am Leben, du warst nicht mehr da und eine zeitlang war alles in mir auch tot. Es gibt Tage, da denke ich mehr als an anderen, dass du fehlst, das Kind zwischen Ben und Emil, die Verbindung, die beide irgendwie nie hatten, da fehlst du, ein Platz hier ist leer. Du bist und bleibst das Kind, das am meisten fehlt, weil du nicht gingst, weil etwas nicht stimmte, sondern weil ein unachtsamer Moment, eine Fehlentscheidung, mein Fehler, ein falscher Handgriff unser ganzes Leben verändert hat. Es hat Wochen, wenn nicht Monate gedauert, deinen Namen zuzulassen, den wir schon längst für dich ausgesucht hatten: James. Denn deinen Namen zu sagen, dich so zu benennen, hiess diesen Namen und die damit verbundene Hoffnung los lassen, dich endgültig gehen lassen. Es hat so lange gedauert anzunehmen und zu verstehen, dass ein Sturz, mein Fallen und ein Schlag auf die Vorderwandplazenta, eine Blutung so gross wie du, dein Herz zum Stillstehen, deine Versorgung beendet hat, mit dieser Gewissheit und mit dieser Schuld musste ich leben lernen. Atmen. Weitermachen. Das klingt so leicht, aber ich bin damals beinahe daran zerbrochen. Ich bin eine Andere seitdem. Niemals hätte ich für möglich gehalten, dass nach diesem Verlust, nach diesem Sturz in unendliche Traurigkeit nochmal so viel Glück auf uns warten würde. Es macht dein Fehlen, deinen Verlust nicht besser, aber es gab wieder mehr Licht und mehr Liebe und Wärme in unserem Haus, mehr Leichtigkeit. Irgendwann. Sicher dank deinem Vater und den wundervollen vier Erstgeborenen. Vier ungeborene Babies haben wir in den letzten 12 Jahren ziehen lassen und es irgendwie geschafft das zu verarbeiten. Der Friedhof, es ist ein seltsamer Ort, er macht keinen Unterschied; es ergibt alles keinen Sinn, alt liegt neben jung. Und irgendwo hier liegst du, weil es damals noch nicht möglich war, ein echtes Grab nur für dich allein zu bekommen, daher bleibt nur die Spirale des Lebens.

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