Vier Wochen ohne sie.

Wenn ich heute hinaus aus dem Küchenfenster schaue, sehe ich nur noch ein paar wenige Blütenblätter der Blutpflaume, den Rest hat der Wind und die Zeit fort geweht.
Unsere wunderschöne Blutpflaume hatte angefangen zu blühen, kurz bevor ich dich still gebar. Seitdem sind vier Wochen vergangen. Ich lebe seit vier Wochen ohne dich weiter, ich hab dich geboren, ich hielt dich, aber konnte dich nicht festhalten.
Vier Wochen, die wir allein bestritten ohne Hilfe, weiter machten, in denen das Leben einfach weiter ging & wir es füllten.
Vier Wochen nur, im Vergleich zur Ewigkeit ein Wimpernschlag & dann doch so viel erlebte Zeit.
In mir machte sich gerade in den letzten Tagen eine Leere breit, die ich versuche mit Aktivität zu füllen. Als fände ich beim Aufräumen & Sortieren irgendwelche Antworten.
Ich habe vielleicht aufgehört zuviel zu backen & zu kochen, aber jetzt putze & räume ich auf. Sisyphos bei zehn anderen Menschen im Haus, ich könnte vieles davon einmal in der Woche machen. Und das mit dem weniger Backen, das fänden einige bestimmt witzig, wenn sie mir zuschauen würden wie ich am Wochende einen Butterkuchen und 24 Apfeltaschen buk, und das obwohl von Freitag noch Nuss- Nougat- Marmormuffins da waren und bis gestern noch Kekse von Ostern. Aber mein Fokus liegt auf dem Sortieren, Ausmisten, Ordnen. Als könnte ich so auch mein Innerstes aufräumen. Aber was sollte ich sonst auch tun? Betroffen vor mich hinstarren? Mein Mann schaut mich oft durchdringend an, aber was soll ich noch sagen? Was gäbe es noch zu erzählen? Ich dachte immer, wenn ich dich auch noch verliere, kleine Maus, dann zerfalle ich in alle meine aneinander geklebten Teile und stehe nie wieder auf und dennoch stehe ich hier mit beiden Beinen, im Leben.
Vier Wochen sind vergangen, in denen immer wieder Erinnerungen, Wörter oder Zeilen vor meinem inneren Auge vorbeiziehen, die ich oft nur mit Mühe zu fassen bekomme. „11,6cm. Ovarien. Keine innerlichen und äusserlichen Fehlbildungen.“
Der Auszug eines der Fotos, die die Sternenfotografin von deinen Füßen gemacht hat, zeigt deine Füßchen größer, als sie in Wirklichkeit waren. Sie waren so winzig und dennoch warst du für mich ein ganzes Universum.
Nachts wenn ich im Bett liege und Henry neben mir schläft, kann ich nicht immer gleich einschlafen, denn nachts kann ich meine Gedanken hören, die einzige Zeit des Tages, in der es so still ist, und sie der Wind wie die Blüten vorm Fenster nicht gleich mit sich fortträgt.

Kommentare deaktiviert für Vier Wochen ohne sie.