Eine Reihe betrüblicher Zufälle

Das Maifest unserer Tochter fand heute im Kindergarten statt, ich hatte mich mit dem Datum beim Einschreiben in den Kalender vertan und so kam das Fest etwas plötzlich diese Woche. Der Mann wollte mit den Kleinen allein hin, aber irgendwie fühlte es sich nicht gut an, einfach zu Hause zu bleiben und dort zu fehlen. Dennoch, Menschen und ich, ist grad noch nicht so der Hit. Aber die Kinder hatten doch Lieder geprobt und ich wollte dabei sein. Also fuhr ich mit dem Rad mit, stand am Rand mit dem Mann und beobachtete, während um uns drei andere kleine Kinder von uns wuselten, meine kleine aufgeregte Tochter, die mir zuwinkte, mir Küsse zuwarf und Herzchen. Ich warf mit allem zurück, es war unfassbar süss und für einen Moment kam das auch durch das Eis unter dem ich zur Zeit gegen das Ertrinken ankämpfe auch an. Ich fühlte das, ein schöner sonniger Maitag, ich liebe meine Tochter und bin stolz auf sie, dass sie sich dieses Jahr allein getraut hat da vorne mit den anderen Kindern zu stehen, das ist bestimmt immer super aufregend für die meisten dieser doch recht kleinen Kinder. 

Alles war wieder liebevoll hergerichtet, viele Stationen für die Kleinen und während der Mann und ich jeweils Kindern hinterher flitzten, sehe ich sie: Die Hebamme aus dem Krankenhaus. Einer der wenigen Menschen, die meine tote Tochter gesehen und sogar berührt haben. Ich wusste nicht, dass sie am Kindergarten auch eine Mama ist und es erwischte mich quasi frontal. 

Vor 12 Jahren habe ich das sehr ähnlich erlebt, Elternabend im Kindergarten, ich das dritte Mal hintereinander innerhalb weniger Monate schwanger und da sass mir dann eine Ärztin aus dem KH gegenüber, nach unserem Verlust in der 14. Woche. Es ist eine ganz tolle und liebe Frau und Mutter, ich hab sie danach so oft im Freibad getroffen, aber eben auch eine meiner Ärztinnen gewesen. Damals bin ich super aufgelöst aus dem Elternabend nach Hause geradelt, plapperte im Flur meinen Mann zu mit „Stell dir vor… keine Angst es ist nichts mit dem Baby!“ ging auf Toilette und da war das Blut, ich verlor auch dieses Kind damals. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, das weiss ich. Aber ich weiss noch wie sich das angefühlt hat, da zu sitzen und ja auch nicht heulend aus dem Raum raus rennen zu können. Es war damals auch kaum Zeit seit dem vergangen. Und heute wiederholt sich das irgendwie, das hat mich aufgewühlt, gerade mal fünf Wochen danach. Ich weiss nicht, ob sie mich auch erkannt hat und oder sich an mich erinnert. Ich habe im Krankenhaus generell versäumt zu fragen, wie oft Frauen wie ich hier liegen. 

Jetzt im Nachhinein ärgere ich mich, ich hätte das doch durchbrechen können, ausser ein Hallo und wegducken, aber was sagen?! „Hi, erinnerst du dich an mich? Ich bin die Freundin von L. Du hast meiner toten Tochter die mehrfach um den Hals gewickelte Nabelschnur entwirrt und ich mich gefragt, ob ich sie halten will!?“ 

Dabei hatte ich sie schon gehallten. Ich hatte sie doch allein im Bad bekommen und aufgefangen. Wenn ich daran denke, möchte ich schreien. Aber das kann ich nicht. Ich muss stark sein, immerzu. Vernünftig, nicht so emotional. „Du kannst das! Du schaffst das!“, höre ich grad immer wieder. Ich fühle so sehr an mir gezogen im Moment… und was ich alles kann und können muss. 

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