Ein zu Hause haben…

Einen Gedanken nehme ich mit aus dem Urlaub. Ich habe in den Jahren einen unbezahlbaren Skill erlernt, nämlich andere Leute ignorieren, die aus wohlwollenden oder gehässigen Gründen, an uns vorbei gehen und an ihren Fingern, die Kinder abzählen, mit ebendiesen auf uns zeigen, hinter vorgehaltener Hand (oder nicht mal das) über uns sprechen. Uns in erster Linie bewerten. Einfach eine Momentaufnahme nehmen und unsere Elternschaft und unsere Kinder bewerten. Und das passiert sehr sehr oft. Manchmal lobend, manchmal ist man gleich unten durch, es gab wirklich auch schlimme herauforderne Reisen. Weil war ja klar. Damit ich mich noch länger meiner soweit guten Gesundheit erfreue und nicht immerzu Puls habe oder an schlimmen Verfolgungswahn leide, blende ich das gekonnt aus und bleibe im Moment mit meinen Kindern und konzentriere mich auf sie. Denn um sie geht es! Jeden Tag! Die anderen Leute sind gleich wieder weg.

Das ist in einem Hotel natürlich nicht so einfach. Man muss essen, die Kinder wollen in den Toberaum, auf den Spielplatz. Laufen frei im Haus. Sie existieren. (Ja und machen auch mal einen Scheiss und dann sagen wir auch was!) Und das kann für junge Eltern befremdlich sein, ich versteh das. Da höre ich an der Türe zum Toberaum: „Nein Johanna*, wir gehen lieber, hier ist es grad so wild!“ Ich bewerte das nicht, ich kann das verstehen. Woher sollen Einkind- Eltern beim ersten Kind, das vielleicht noch nicht mal mehr spricht gut einordnen können, was wild ist und was einfach nur Spiel oder Geschwisterinteraktion. Oder Eltern mit Baby und Kleinkind, die noch nicht wirklich viel machen. Die gucken und finden die Action am Tisch gegenüber eher total interessant, klar nicht alle. Aber die Blicke, die Kommentare von anderen Eltern, das perlte nicht so einfach an mir ab. Ich hab mit den Kindern Uno gespielt, wenn sie lange auf ihr Essen warten mussten bis die Eltern mit den Vorspeisen durch waren, die sie nicht bekamen. Und da wird gelacht, sich unterhalten, laut gesprochen, geflüstert und geraunt. Gelebt. In einem kleinen Raum ohne Schallschutz. Was ich mitnehme ist nicht, dass Hotels etwa ungeeignet sind für Großfamilien, dort wird Service groß geschrieben oder andere Leute uns generell doof finden oder gar wir doof sind, sondern wie wichtig ein zu Hause ist. Sichersein, laut sein dürfen, schreien, weinen und streiten dürfen ohne das jemand kommt und sagt: „DIE sind zu laut! Die verhalten sich unangemessen. (Gemessen an wen oder was?) Guck mal!“ Einen Ort zu haben, an dem wir nicht stören. Sie niemanden stôren. Einfach sein dürfen. Denn ich finde meine Kinder allesamt ganz wunderbar! Auch wenn ein müdes kleines Kind, seine Schwester zwickt und die dann weint, laut. Das ist kein unangemessenes Verhalten. Das gehört begleitet. Hungrig sein, zugucken wie Eltern essen, da darf man genervt sein. Ich möchte das sie ihre Gefühle zulassen können. Und nicht sofort dafür verurteilt und funktionieren müssen, geht daheim natürlich 10x leichter. Ich liebe meine Familie und ich sehe jeden Einzelnen im Gesamtkontext, nicht nur gemessen an einer Momentaufnahme, ihren Struggle, ihr Bemühen, ihre kleinen und großen Erfolge. Ihr seid alle toll! Ihr seid genau richtig und wie ich immer sage: Ich liebe euch einfach nur, weil ihr atmet! 

Ein Kommentar

  • Andrea - Die Großfamilienmama

    Ich lese es und ich nicke. Ich kenne es zu gut. Wir werden auch oft bewertet und empfindet man auch gerne zu laut. Eben weil wir reden und miteinader lachen. Witze machen und einer mal lauter sein will, als der andere. Wenn alle an einem Tisch sitzen, dann reden sogar viele Menschen in unterschiedlichen Grüppchen miteinder und lachen auch oder wollen sich beweisen oder jemand will sich über alle Gehör verschaffen. Wenn man das von Außen wahrnimmt oder wenn man nicht so miteinader im Gespräch ist – es gibt auch ganz leise Großfamilien – dann ist es befremdlich und dann bewertet man schnell. Gerne herabwertend. Aber wir haben es auch oft schon anders erlebt. Hier in der Kurklinik fallen wir gerade nicht auf. Es sind viele kinderreiche Familien und ich habe wieder eine schöne Rückmeldung bekommen. Wir waren beim Bernstein schleifen und es dauerte. Die Kinder aber kamen gut klar, hatten Spaß, jammerten auch mal, aber es war alles gut. Der Kursleiter und ich kamen ins Gespräch und er erzählte, das er es liebe, für die Klinik Kurse zu machen. Da sei das Miteinander so viel einfacher. Ja genau so ist das mit kinderreichen Familien. Die Kinder können Miteinander meistens gut.
    Alles Liebe euch ! Ich melde mich bald ein wenig ausführlicher oder du dich