Muttersein

Seitdem ich denken kann, wird alles was ich als Frau und Mutter tue bewertet und  oder kommentiert. Als hätte ich darum gebeten. 

Wenn es also um Kinder“erziehung“ geht, was immer ein wenig klingt als müsste man nur an den richtigen Enden ziehen oder junge Pflanzentriebe hier und da etwas fixieren und schon wächst sich alles dahin, wo wir es brauchen, glaubt ein jeder, er könne nicht nur mitreden, sondern auch die jeweilige Qualität beurteilen. 

Es war einer der irrsten Kommentare, als unsere Paartherapeutin, die wir seit Junes Geburt nicht mehr besucht haben meinte, dieses von uns herbei gesehnte Baby, wäre ja auch eher wie ein Baby für die drei ältesten Kinder. Plus der Information alles würde sich ja erstmal ums Baby drehen, alle anderen müssten sich unterordnen. Zu Letzterem sagte meine Erfahrung, dass eher das Gegenteil der Fall ist, dass das Baby überall mit hin geschleppt wird und sich „unterordnen“ muss, weil da Termine und Verpflichtungen und auch ein Alltag sind, die trotz Baby bewältigt werden müssen. Zu Ersterem war ich echt verzweifelt. Hatte sie uns überhaupt zugehört in den Wochen zuvor? Die drei Großen waren zu diesem Zeitpunkt absolut mit sich selbst beschäftigt und durch die Arbeit oder Unterricht kaum vorm Abend zu Hause, viel verändert hat sich daran nicht. Also allein schon zeitlich eine Unmöglichkeit sich diesem Baby in dieser prophezeiten Form anzunehmen. Was wir auch nicht gewollt hätten, zumal sich da schon Unschönes anbahnte, mutige Entscheidungen getroffen werden und alles in die richtigen Bahnen gelenkt werden musste, von uns Eltern wohlgemerkt, weil wir hier immer noch von unseren Kindern sprechen. Und die Kinder nicht kurz vor und oder mit Eintritt in die Volljährigkeit aufhören bedürftig zu sein. Seit jeher -entgegen Vorwürfen- „helfen“ die Kinder nur, sind aber nie so von uns eingespannt worden, dass man von soetwas wie Babysitting oder Putzdiensten sprechen könnte. 

Aber genau diese Vorstellungen sitzen in den Köpfen, ich merkte das sehr schnell als ich damals bei Threads darüber schrieb wie deprimierend genau diese Paartherapiestunde gewesen war und die Kommentare waren (zum Teil) haarsträubend und machten mich wirklich betroffen. Ich hatte schon fast das ungute Gefühl mich rechtfertigen und erklären zu müssen, wie das bei uns denn so laufen würde im Alltag, die Kinder keine Armee an Putzsklaven oder Kindermädchen wären. Habe es aber dabei belassen einfach alles wieder zu löschen. 

Das eigentlich Irre ist ja eigentlich, dass ich fast genauso oft lese oder höre, ich sei ja selber Schuld, wenn ich müde oder erschöpft wäre, die Kinder seien total verwöhnt. Immer wieder heisst es: „Spann doch die Kinder mehr ein!“ Wie oft hab ich mich gerechtfertigt, weil sie nicht ihre Wäsche waschen, weil sie nicht bestimmte Dienste im Haushalt übernehmen. Als würden sie gar nichts tun oder ich wäre nur zu dumm nach Hilfe zu fragen oder unfähig mich besser zu organisieren. 

Anders herum, geht das natürlich auch, man geht einfach davon aus: „Die Großen helfen bestimmt schon viel mit!“ Jeder, einfach jeder mit Teenies, weiss wieviel die tatsächlich helfen, das wird mit den Jahren nicht so arg besser bisher. Im Gegenteil man räumt den Großen oft abends hinterher, wenn die Kleinen schon schlafen.

Fakt ist auch, vieles das in einer Kleinfamilie spitze funktionieren mag, läuft bei uns nicht. Zudem laufen Spül- und Waschmaschinen nicht einmal am Tag, sondern um ein Vielfaches öfter. Die Wäsche, die liegen gelassenen Gegenstände maximieren sich. Ausserdem haben unsere Kinder auch ihre Päckchen zu tragen, in den letzten Jahren hatten sie Psychomotorik, Ergotherapie, Logopädie, Heilpädagogik, Verhaltenstherapie. Wir haben mehrere Kinder mit diagnostizierter Hochbegabung oder überdurchschnittlicher Intelligenz oft einhergehend mit ADHS, mit Depressionen (teils ausgelöst durch Traumata) und selektiven Mutismus, Sprachverzögerung- das alles muss gut begleitet werden, in seinem ganz eigenem Tempo, wenn du da an den falschen Enden ziehst, um bei dem Bild an Anfang meines Posts zu bleiben, reisst etwas. Da braucht es Arzttermine, Medikamente und Therapien, alles zeit- und kraftzehrend. Mehr als einmal war ich einfach nur froh, wenn die Türe wieder aufging. Das macht diese Elternsache nicht unbedingt einfacher, aber wertvoll und intensiv. Wir halten zusammen, versuchen da zu sein und wenn das bedeutet, Dinge zu tun, die die Kinder tun müssten oder sie intensiver dabei zu unterstützen, denn das Alles ist alternativlos. Das Einzige, was ich noch lernen müsste ist besser mit meinen Kräften zu haushalten und meine Grenzen eher zu spüren, meine eigenen Bedürfnisse und Gefühle genauso intensiv wahrzunehmen und meine Interessen zu vertreten, wie die meiner Familie- nichtsdestotrotz, das geht aber sehr oft einfach nicht, weil da im Alltag niemand anderes ist. 

Ich sagte letztes zu Nils, wir haben nicht eine, wir haben rechnerisch fünf Familien. Ich bleibe die Mutter (und keine Freundin). Meine Rolle ist doch am Ende klarer definiert und die Erwartungen groß, nicht nur seitens meiner Familie. Ich kann mir nur beinahe täglich aussuchen, ob ich zur Heldin des Alltags stilisiert werde oder schon beim Aufstehen zum Scheitern verurteilt werde, denn „natürlich kann ich unmöglich jemals so vielen Kindern wirklich gerecht werden“, egal wie sehr ich es dennoch versuche und meine ganze Energien hinein stecke und dabei sowieso täglich ein schlechtes Gewissen auf zwei Beinen bleibe. 

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