Adieu Wochenbett

Das Wochenbett mit Lilou ist schon vorbei? Und mein Herz sackt in die Knie… es wird schwer und ich bin traurig, wenn ich sehe wie viel schon wieder Vergangenheit ist… und dann sehe ich die Fotos durch, passend für diesen Text, eines das noch nicht veröffentlicht wurde, irgendwas mit Geborgenheit… und Bettwäsche… und dann sehe ich wie viele Dinge ich gemacht habe in diesen letzten 42Tagen, wie viel wir als Familie erlebt haben…

Dass ich keine Wöchnerin mehr bin, heisst auch sechs Wochen mit Lilou… und so langsam schleicht sich dieses Gefühl von „Erst sechs Wochen?!“ ein, denn es kommt mir so viel länger vor…
Sie wird mehr und mehr ein Teil von uns, unserem Alltag, weil sie tatsächlich mehr teil nimmt, mehr da, mehr dabei und wacher ist und so selbstverständlicherer Teil dieser Familie wird und keine besondere Besucherin mehr ist, sondern ein (kleiner) Mensch von Zehn. Ich weiss nicht wie ich es sonst anders beschreiben soll, Lilou ist und bleibt natürlich etwas Besonderes, so wie jeder von uns ist sie einzigartig, aber sie ist auch ein Teil vom Ganzen, ein Mitglied der Familie (geworden). Alteingesessen. Nicht mehr nur „die Neue“.
Nachdem wir beide, Mama und Kind, auch schwere Tage oder Wochen hatten und die werden sicher auch wieder kommen, wenn sie schubt, zahnt oder krank ist, verflüchtet sich die Unsicherheit. Ich habe das Gefühl, ich kann Lilou von Tag zu Tag mehr lesen, heraus hören, was sie gerade braucht, was mir auch Selbstvertrauen schenkt und mir einen großen Teil mütterlicher Kompetenz zurück gibt. Ausserdem lächelt sie immer öfter und das viel, sie nimmt uns wahr (und wir sie), fixiert uns, dreht den Kopf, freut sich uns zu sehen, spricht mit uns, indem sie Laute macht, was sehr herzig ist, man bekommt dabei soviel zurück, sie gibt einem das Gefühl gern hier zu sein, sich wohl zu fühlen, auch wenn es Momente gibt, wo ihr natürlich auch vieles zu viel wird, sie ist schliesslich ein kleines Baby, was ich aber nun richtig deuten kann, ich differenziere ihr Weinen und Schreien. Das ist so schön, das Gefühl sie immer besser zu kennen und zu verstehen.
Gleichzeitig sehe ich und nehme bewusst wahr, wie sehr sie sich schon verändert hat, es geht nicht mehr alles von Null auf Hundert, sie ist kein kleines Neugeborenes mehr, sie wird runder und mehr und mehr Baby. Unser Baby. Das zeigte auch die U3 Ende letzter Woche.
Und wie sie trotz langer Stunden täglich im Tragetuch da auf ihrer Decke ab und an liegt im Bad zum Beispiel, damit ich mich fertig machen kann oder in ihrem Babysitz auf dem Stokke, während ich Mahlzeiten zubereite oder nur die Spülmaschine ausräume oder wir alle zehn gemeinsam an Tisch „sitzen“, da wirkt sie schon so groß klein, Alltag und Familienriten aufsaugend noch nicht lang, aber sie gewöhnt sich mehr und mehr und findet sich ein und entdeckt währenddessen ihre Hände.

Mein Wochenbett ist damit beendet und ich bleibe dabei, es waren turbulente Wochen. Die ersten Zwei gerade mit Lilou waren ein Hormonhoch, wirklich schöne Tage, dann brach das so rasant ein. Ich habe meine Hebamme seit Lilous dritten Lebenstag nicht mehr gesehen, natürlich ist Kommunikation keine Einbahnstraße, aber nachdem die Wochen und Monate zuvor schon so vorbelastet waren von meiner Seite aus, gab ich es auf und machte meinen Frieden, dachte ich zumindest. (Oder mir Vorwürfe, warum ich mich nicht eher um eine andere Hebamme gekümmert hatte, aber es gab auch schöne Begegnungen und ich sog eifrig alles Gute auf, zudem hatte ich Angst um meine Hausgeburt gebe ich zu, ich wollte auf gar keinen Fall in die Klinik, nicht ohne ein bekanntes Gesicht.) Aber leider piekst es mich immer noch. Es war ein Punkt Fürsorge von Aussen, wäre es jedenfalls gewesen, jemand der sich um mich hätte kümmern sollen, für mich dasein, anders als mein Partner, um den ich mich als Teil meiner Familie auch sorge und kümmere, ein Mensch für den ich keine Verantwortung hätte übernehmen müssen und da kam zu wenig. Vielleicht hab ich von Beginn an viel zu viel hinein gelegt in diese Beziehung, zu viel erwartet und mir erhofft?! Auch damit habe ich mich lange auseinander gesetzt, schon vor der Geburt von Lilou. Da war soviel Nichts in diesem Wochenbett, dass die Leere von Aussen sage ich mal, so pathetisch wie es klingen mag, in mein Herz einzog, Einzug halten konnte. Ich habe soviel gegeben, emotional wie körperlich. Aber immer nur Selbstfürsorge betreiben, verzehrt, kostet Kraft, die schneller verbrennt als man sie sich nachbasteln kann und die ist irgendwann ganz weg, aufgebraucht. Gepaart mit einem Baby, das einen vielleicht doch mehr braucht als andere es taten, war das keine gute Mischung.
Ich hatte jetzt nochmal drei Tage hinter einander Zeit langsamer zu machen, der Mann im Homeoffice, das tat gut. So landete zwar immer noch sehr viel bei mir, aber da war mehr Puffer zwischen alles allein und nur fast… weil er ja auch hier arbeiten soll und können darf, Homeoffice bedeutet eben nicht, nichts zu tun an Arbeit. Allein seine Präsenz tat gut, obwohl wir uns darüber an anderen Tagen auch schon mal in die Wolle kriegen konnten.
Dennoch treibt es mich… Abgesehen davon, dass immer etwas zu tun ist und ich schon versuche kleine Schritte zu machen, kann ich nicht mal sitzen bleiben, zum Einen immer das schlechte Gewissen mal „nichts“ zu tun, zum anderen entsteht dann eben ein noch grösserer Berg für den nächsten Tag, die Dinge bleiben dann einfach nur liegen.
Aber es bleibt dieses mich getrieben fühlen, immer in Bewegung sein zu müssen, bloss keine zu lange Pause, darauf -auf dieses Problem- möchte ich noch mehr meinen Blick richten.
Auf der anderen Seite bekomme ich da oft auf so ein wieder anderes Gefühl, Selbstoptimierung, war mal ein Punkt während meiner Therapie. Aber es bleibt ein schmaler Grad zwischen alles noch besser machen wollen und auf sich aufzupassen, aber was sind das eigentlich auch immer für Worte?! „Pass auf dich auf!“ weil?! Es kein anderer tut oder tun kann?

Gern wäre ich in diesen Ferien für zwei oder drei Nächte in ein Familienhotel gefahren, einfach mal mehr abschalten, Essen machen lassen, Wäsche liegen lassen, mehr Pause haben können, ein bisschen mehr Zeit um in mich zu gehen, weil die Kinder gut versorgt und beschäftigt wären, aber es hat nicht sollen sein. Vielleicht gut, weil es nur punktuelle Entlastung gewesen wäre, aber dafür Schöne; schöner als geheimnisumwobene Haushaltshilfen, die auch nur punktuell entlasten und auch nichts gegen den Verzicht und die ausrichten könnten.

Da hilft auf Dauer nur umdenken, Alltag anders gestalten, ich geniesse derweil wieder mehr den Familienalltag, nehme viel mit, vieles das Spass macht, mir auch dort Selbstvertrauen schenkt, als Mama, als Frau, als Mensch.

Der Ausflug in den Wildpark tat sehr gut, der Friseurbesuch, die Hochzeit oder zuvor mein Geburtstag, mein täglicher Miniteil Sport, ich habe ein neues Buch begonnen, das Basteln der Einladungen mit der Großen, das Kürbisschnitzen, das abendliche Vorlesen als Ritual egal wie der Tag war, die doch relativ verschlafenen Nächte, die eine oder andere Stunde „Zweisamkeit“ mit Mann und Baby, Mahlzeiten und Gespräche mit den großen Kindern und der laufende Haushalt und das Aufrollen des Feldes von Hinten, Stück für Stück erobere ich mir unser Zuhause zurück.
Morgen kommt meine Schwägerin und darauf freue ich mich sehr, zwei Wochenenden darauf meine Eltern, unsere Grosse feiert bald Geburtstag und ich überlege ein Adventscafé zu verantstalten, damit ich meine Freundinnen mal wieder sehe, Dinge die mir gut tun eben…

Ich schrieb im Mai 2016, nach den ersten Wochen mit Zelda: „Es ist im Alltag einfach nicht leicht, Nischen und Zeit für sich zu finden, für Selbstfürsorge oder Psychohygiene, nein es ist verdammt schwer. Verdammt einfach ist es, sich in diesem Hamsterrad zu verlieren. Und da man wohl die beste Mama ist, wenn es einem selber gut geht, mache ich mir eben meine Gedanken über die Zeit danach“… das trifft es auf den Punkt.

Und damit verabschiede ich mich von dieser besonderen Zeit in meinem Leben, pünktlich dazu beginnen am Montag die „ersten“ Ferien, denn ein Blick zurück erinnert mich daran, dass ich als wir die letzten Ferien zusammen waren, ich allein mit den Kindern, hochschwanger war und auf Lilou wartete, jetzt bin ich gespannt auf die ersten Ferien mit acht Kindern…

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