Mama und der eine Blick

Sonntag Morgen. Unendlich müde drehe ich mich um, nachdem der Gatte zum Frühstück rief und
stelle zum zweiten Mal das Iphone für 10 Minuten. Als es erneut vibriert quäl ich mich hoch- einzig
der Gedanke an Mittagsschlaf lässt mich aufstehen und in die Küche gehen. Am Tisch reiche ich
meinem Mann seinen Kaffee und den Zucker. Das Rührei ist fast alle, also pule ich am Gatten vorbei
noch drei Eier und den Speck aus dem Kühlschrank. Die noch Wärme abstrahlende Platte, stelle ich
noch einmal an und schütte Speck zum Anbraten in die noch dreckige Pfanne. Das Croissants, das
ich mir aus dem Brotkorb nehme ist noch warm. Endlich mal wieder ein warmes Croissants mit dem
Pflaumenmus, nach dem ich im Moment so süchtig bin. Als ich mich hinsetze und meinen neben
mir sitzenden Sohn anschaue, weiß ich sofort, dass er krank ist. Die Augen. Erst jetzt fällt mir auf,
dass er schlapp auf dem Stuhl sitzt, erst jetzt fällt mir auf, dass er ein wenig zittert, erst jetzt fällt
mir auf, dass er so gut wie nichts gegessen hat. „Noah ist krank.“ sage ich zum Gatten. „Aber heiß
ist er nicht.“- „Ich weiß, aber er ist krank. Ich seh das.“. „Noah hast du keinen Appetit?“, frage ich
das kranke Häschen. Das Häschen schüttelt den Kopf. „Ich mess eben Fieber bei ihm.“ Auf dem
Wickeltisch wühle ich in der Kiste nach seinem Thermometer. „Ist das deins?“, frage ich ihn,
während ich das grüne hoch halte. „Ja.“ klingt es gequält. „Soll ich dir eine Windel anziehen und
dich in unser Bett legen?“, frage ich ihn, während das Grüne 38.8°C anzeigt. Das kranke Häschen
trage ich nach drüben durch den Flur und die Villa Kunterbunt. „Magst du auf meine Seite?“-
„Ja. Mamas Bett.“ Mit Hemdchen lege ich Noah in das große Bett, in das aufgeschüttelte Kissen
und kuschel ihn in die Decke hinein, denn seine Hände und Füße sind kalt. Ein internes Programm
läuft ab: „Magst du was trinken, Noah?“- „Ja.“-„Traubensaftschorle?“- „Joa“, erklingt es leise.
In der Küche zurück mixe ich dem Häschen schnell eine Schorle ohne Sprudel und stecke einen
Strohhalm in das kleine Glas. Fast eingeschlafen ist das Häschen, als ich ihm den Strohhalm an
den Mund halte. Nur ein, zwei Schlucke mehr schafft er nicht. Als ich zurück in der Küche am
Tisch sitze, ist das Croissant kalt. Ich nehme meinen Kaffee und schütte wie immer viel zu viel
Zucker hinein. Als ich das Pflaumenmus großzügig auf das Croissant streiche, denke ich an
Noah, sein Fiebern die letzten zwei Male, einmal ebenso symptomlos, den Verlauf- das auf
und ab der Fieberkurve, das Auskurieren ohne Arzt, daran dass das bei jedem Kind anders ist,
daran das Zoe morgen trotzdem in den Kindergarten muss, an Zoe’s vierte Pre-Ballettstunde
morgen Nachmittag, an unsere Verabredung Dienstag Nachmittag, ob Nils wohl da sein wird
oder schon die Tage zu Arbeiten beginnt, ob ich meine Schwiegermutter um Hilfe bitte und
insgeheim bin ich dankbar, dass ich einfach da sein kann ohne schlechtes Gewissen. Ein Luxus.

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