Vom Wunsch zu Stillen

Ich wollte diesen Artikel nie schreiben, weil ich keine Lust auf fantatische stillende Mütter hatte.
Diese Lust wurde nicht größer, aber es gibt nunmal Menschen, die das einfach interssiert, wie es
dazu kam, dass ich unseren Sohn Ben stillen möchte, Menschen wie die liebe Frau Klabauter

Ich habe nie die schönen Seiten des Stillens kennen lernen dürfen. Ich erinnere mich an die ersten
Wochen mit meiner weinenden Tochter, die nicht gescheit trank und nicht gescheit zunahm. Ich
erinnere mich an wahnsinnige Schmerzen, nasse Shirts und Laken. Ich erinnere mich nur noch an
den Wechsel von Tochterkind und Milchpumpe an meinem Busen und wie selbst nach Wochen viel
zu wenig Milch da war. Irgendwann gab ich den Traum vom Stillen auf. Und nach ein paar Tränen,
ging es uns langsam tatsächlich besser damit, dafür belasteten mich andere Mütter mit ihren
Vorwürfen, denn ich erinnere mich unter Fremden die einzige gewesen zu sein, die Fläschen
anrührte.
Dann kam Noah. Und die Schwangerschaft war hart. Nicht zu wissen, ob er gesund ist, dann die Tage
auf der Neo-Intensiv. Ich wollte gar nicht erst probieren zu stillen, dass fühlte sich gut und richtig
an. Ich hatte nie das Gefühl auf etwas verzichten zu müssen und auch nie mehr das Gefühl Noah
etwas vorzuenthalten.
Als ich mit Tom schwanger wurde, sagte ich gleich, ich würde Stillen wollen. Dann kamen die
Erinnerungen an die Zeit mit Zoe. Beim dritten Kind anfangen zu Stillen? Es lernen? Mit zwei
kleinen Kindern? Ich sah meinen Wunsch nach Nähe und auf der anderen Seite die vielen Termine
und Verpflichtungen. Ich hatte Angst dem nicht gewachsen zu sein. Ich hatte Angst mich zu
übernehmen. Ich wusste mir blieben nur 2 Wochen Ruhe und Zeit mit dem Mann und dann müsste
ich erneut funktionieren. Aber der Wunsch war groß. So groß, dass ich mich bis zur Geburt nicht
entscheiden konnte. Die Unsicherheit war so groß, dass in meinem Klinikoffer schon die Abstill-
Tabletten waren. Als Tom geboren war, legte ich ihn an und genoss das Gefühl. Es war wirklich
schön. Ich sehnte mich nach der Exklusivität einer Stillbeziehung, da jeder gern mal die Flasche
gibt, aber nur eine Mutter ihr Kind stillen könnte. Die Hebamme wies mich nur darauf hin, dass
ich mich bald entscheiden müsste, damit es nicht „zu spät“ ist. Mein Mann sah mir nicht in die
Augen oder ins Herz, mein Mann sprach als Vater dreier Kinder, als Mann der gern die Flasche gab,
als Mann, der wie ich Erfahrung in einem hatte: Fläschenfüttern. Und ja auch das muss man lernen.
Wir konnten das gut! Darin kannten wir uns aus. Ich nahm also die Tabletten und bereute es sofort.
Aber es hieß für Stillen wäre es zu spät. Ich litt sehr darunter. Ich legte unseren Sohn trotzdem
immer wieder an vor dem Fläschenfüttern, um ihn hinzuhalten und genoss das sehr. Es tröstete
mich über meine Entscheidung, die ich wochenlang nicht annehmen konnte. Es zerriss mich.
Bereits vor der Empfängnis von Ben war für mich klar, egal wie weh es tut, egal wie eklig es wird,
egal wie viele negative Erfahrungen ich gemacht hatte, nie wieder wollte ich so leiden unter diesem:
„Was wäre wenn“. Auf den Tisch kam das Thema Elternzeit. Und damit auch etwas Platz im Herzen
für Ruhe und Zeit, etwas zu lernen, dass wir nicht kennen: richtiges Stillen. Wir haben lange darüber
geredet. Stillen bedeutet, dass ich nachts verantwortlich bin, etwas das wir uns immer geteilt hatten.
Stillen bedeutet vermutlich Schmerzen, Stillen bedeutet mehr Zeit für Ben einzuplanen, Stillen
bedeutet auch mal unpüntklich sein, Stillen bedeutet mehr Ausgepowert sein. Der Wunsch zu Stillen
ist hier mehr als nur eine neue Idee ein Kind zu ernähren. Stillen ist endich eine Insel der Ruhe, die
ich mir im Wochenbett dieses mal nehme. Stillen ist etwas das die Kinder nicht kennen, wir auch
nicht. Aber trotz allen Gedanken, an fordersten Stelle steht für mich der Wunsch nach dieser Nähe
zu meinem Sohn. Diese Einzigartigkeit der Nähe. Und wie Frau Klabauter einst schrieb, es muss ein
tolles Gefühl sein zu sehen, wie ein Kind wächst von dem, was ich ihm anbiete.

Diese Mal bin ich vorbereitet. Ich habe Stilleinlagen, die Lily Padz, einen Still-BH, benutze Still-Öl,
habe eine Salbe hier und Kühlpads. Ich habe zwei Freundinnen, die lange gern gestillt haben und
mit mir schöne positive Gespräche geführt haben. Ich habe im Netz darauf verzichet, weil schon
beim zartesten Versuchen Ratschläge regneten, die sich widersprachen: „Du musst es nur genug
wollen!“ lösten ein „Du musst nur entspannt genug sein!“ ab. Ich habe in der Hebammensprechstunde
gelesen und gelitten und nur mit Widerwillen das Buch einer Freundin zur Hand genommen mit dem
Gedanken, ich würde es eben schon lernen. Ich musste mich durch die Lektüre durch kämpfen.
Ich schiebe das auf die aggressive Haltung der Stillbefürworter, las aber wirklich Interessantes.
Am Donnerstag kommt eine Hebamme, die hier einen richtig guten Ruf hat, sie dient mir so wir
uns denn sympathisch sind als Laktationsberaterin. Alles weitere gibt es aber erst zu lesen, wenn
Ben da ist… :)

24 Kommentare

  • Frau Kathy

    ich wünsche dir von herzen, daß es eine wunder, wunderschöne stillbeziehung zwischen dir und eurem knopf geben wird.
    das war mir leider versagt, das fräulein habe ich nach 3 monaten vollstillen unter tränen abgestillt und bei lutz gab es wieder die gleichen probleme und ich habe noch im krankenhaus die tabletten genommen.
    es muß sich einfach gut anfühlen dann ist das eine sooo tolle sache. ich bin traurig, daß es uns verwährt geblieben ist, aber ich habe es trotzdem nicht bereut, denn die ersten monate mit ida habe ich nicht genießen können, daß war bei lutz anders. so verschieden ist das. ;-)
    ich drück euch die daumen!!

  • Feuervogel

    Ich habe schon zwischen den Zeilen gelesen, dass du dich dieses Mal so entschieden hast. Und ich bewundere dich wirklich dafür, es noch einmal zu versuchen. Wie du schon sagst, mit dem Anderen kennt ihr euch aus.

    Mein Mantra durch die Stillzeit war übrigens „wenn es klappt dann klappts und wenn nicht, ist es auch gut“. Das nahm mir wirklich viel Druck, denn ich kenne genau eine Mutter, die nicht irgendwelche Probleme beim Stillen hatte – und diese redet vermutlich nicht darüber. Aber wenn man sich im Klaren darüber ist, dass auch das Stillen wie alles im Eltern-Kind-Kosmos nicht immer nur eitel Sonnenschein ist, kann man es vielleicht leichter annehmen und sich in den schwierigen Stunden auf die schönen Momente freuen.

    … und von diesen schönen Momenten wünsche ich dir/euch ganz, ganz viele. ;o)

  • Yvonne

    Liebe Frau Kassiopeia,

    nachdem man mir bei unseren beiden ersten Töchtern erzählt hat ich hätte zu wenig Milch habe ich jedesmal angefangen zu zu füttern, das war immer der Anfang vom Ende. Bei meiner dritten Tochter, die übrigens auch Cassiopeia heißt, lief der Start alles andere als gut. Die ersten zwei Tage war sie in der Kinderklinik und bekam Flasche, das erste Anlegen erfolgte 24h nach der Geburt. Aber wir haben es in ’nur‘ 7 Wochen geschafft zum voll stillen zu kommen. Es war ein hartes Stück Arbeit und ich habe es auch nur dank meiner tollen Nachsorgehebamme und ihrer Tricks und Tipps geschafft, aber ich habe es geschafft und ich geniesse es. Ich bin immer noch fasziniert wenn meine Tochter trinkt und Zug um Zug tut. Wow, ich habe Milch.
    Ich drücke Dir die Daumen für eine tolle Stillbeziehung.
    Liebe Grüße
    Yvonne

  • Giftzwerg

    :) Ich finde, was Du schreibst, klingt wahnsinnig gut. Ich finde auch, dass da soviel Kraft und Positives und Hoffnung und Optimismus in den Zeilen steckt, dass es für drei Mütter mit Stillbabys reichen würde. Vermutlich.

    Ich wünsche Dir wirklich, dass es so klappt, wie Du es Dir wünscht und dass Du das etwas verminderte Tempo annehmen (denn das wird sich definitiv, Du hast es ja schon selbst geschrieben, vermindern), dem vielleicht sogar eine gute Seite abgewinnen kannst (und auch danach klingt Dein Post :) denn daran dachte ich auch als erstes. Das Stillen zwingt die Mama in gewisser Weise auch, ihr Tempo für den Moment einzig an das Baby anzupassen und nur daran. Und eigentlich ist das eine gute Erfahrung für mich gewesen, die zumindest mir sehr geholfen hat – es jetzt, nach dem Stillen, noch immer tut).
    Ich wünsch Euch eine wunderschöne Stillbeziehung!

    Stillen ist wirklich nicht leicht, das muss man wochenlang lernen – beide: Mama und Kind – und es tut anfangs weh und hat seine vertrackten Seiten, allen voran die ewige Quälerei bei der Frage, ob denn das Kind nun wirklich satt wird, und eben den Zeitfaktor – aber das weißt Du ja alles schon und damit hast Du eine wunderbare Vorbereitung, ehrlich. Du wirst das schon schaffen, da bin ich mir ziemlich sicher! Du weißt schon, worauf Du Dich einlässt, so klingt es durch und das ist richtig viel wert, ehrlich.
    Und wenn Du da jetzt eine richtig tolle Stillberaterin an Deine Seite bekommst, dann ist das Gold! Ich weiß noch so gut, wie verzweifelt ich anfangs war, weil außer dem Ubler (und ein paar lieben Blogerinnen) niemand glaubte, dass wir das packen, Emma und ich. Das war eine beschissene Zeit voller Schuldgefühle und Zweifel und Angst. (Aber auch eine gute, denn ich bin dran gewachsen. ) Ich würde Dir wünschen, dass Du Dir diesen Quatsch in der Form nicht geben musst und dass Du da jemanden im Rücken hast, der sich für Euch Zeit nimmt, Mut macht und vor allem positiv bestärkt, was ohnehin gut läuft.
    Alles Liebe, fühl Dich umarmt!

    (Der Weleda-Stilltee ist übrigens toll, der hat zumindest bei mir die Produktion weit besser angekurbelt als die anderen Stilltees. Das jetzt mal zu meinen Klugscheißerratschlägen ;) )

  • Frau Brüllen

    Ich wünsch dir auf alle Fälle, dass es so klappt, wie du dir das wünscht. Bei uns hat es zweimal (und tut es noch) wunderbar geklappt und ich fand und finde es in der Nacht viel einfacher, zu stillen, als rumzulaufen und das Fläschchen parat zu machen. (Aber das konnte ich nie gut).
    Also, wird schon!

  • steffi

    du schreibst das so wunderschön auf, dass ich dir und euch die daumen drücke, dass es klappt! ich kann mich nur frau brüllen anschließen.

    alles liebe für euch!

  • jo

    Ich habe es auch erst beim 2.Kind geschafft und beim 3. perfektioniert ;-), Stillen kann schön sein, aber das muss auch ein Baby lernen. Ich wünsche Euch viel Glück. Und ehrlich: Stillen bedeutet nicht mehr Zeitaufwand, zu spät kommen etc. ganz und gar nicht ;-)

  • Gabriela

    Ich wünsche dir von Herzen, dass du eine versöhnliche Stillerfahrung machen darfst und hoffe, du hast in deiner Hebamme eine kompetente Trauma-Überwind-Begleiterin an deiner Seite, eine, die dir auch sagen kann, wie „es“ nicht weh tut.

    Ich könnte ein ganzes Buch schreiben zum Thema, aber das würde dich vielleicht aggressiv machen.
    Gutes Warten weiterhin!
    Gabriela

  • DasDanny

    *Daumen hoch*

    Du schaffst das *überzeugt bin*

    Deinen Text finde ich im Übrigen sehr ans Herz gehend. Ich fühle sehr mit Dir und hoffe, dass alles so toll klappt, wie DU es Dir wünschst ;-)

    Liebe Grüße
    DasDanny

  • Ansku

    Ich kann da wenig mitreden, aber Du hast das wunderschön geschrieben und so wunderschön Deinen Wunsch beschrieben, deshalb wünsche ich Dir von ganzem Herzen, dass es klappt und dass es so wird, wie Du Dir das vorstellst.

  • vreni

    ich wünsche dir, dass stillmässig alles so wird, wie du es möchtest. ich finde jegliche entscheidung ist okay.
    ich habe meinem sohn gestillt und würde ein zweites kind vermutlich nicht mehr stillen. für mich war diese stillbeziehung nicht so erfüllend.
    ich hatte eigentlich keine probleme in den ersten 3 monaten, ausser, dass es mich total ausgelaugt hat. danach wurde es hässlich und beim stillen haben jeweils beide – also der sohn und ich – geweint, weil es einfach aufgrund zu grosser unruhe nicht geklappt hat. ich habe lange mit mir gerungen und bin dann schliesslich zu einer stillberaterin. erst wollte ich nicht, weil ich dachte, die will, dass ich den kerl stille, bis er abi macht.
    die frau war aber wider erwarten total pragmatisch und entspannt. sie hat mir zwar tipps fürs stilen gegeben, meinte aber auch, ich soll ich nicht so zermartern, wenn es nicht klappt und ihm halt ein fläschchen geben. das hat mich sehr beruhigt. :-)
    ich hab dann noch eine weile weitergestillt aber nur teilweise, weil ich halt auch wieder arbeiten musste.

  • Patricia

    Ich schicke dir auch von hier Rückenwind rüber – mein erstes Still-Experiment war ebenso niederschmetternd wie deines, so dass ich nach knapp 2 Monaten alles hingeworfen habe (inclusive der Milchpumpe) und zur Flasche gegriffen, und ich habe arg unter fanatischen Stillmüttern gelitten, die mir weis machen wollten, mein Kind stehe kurz vorm Allergieschock oder einer schlimmen Bindungsstörung … beim zweiten war ich für alles offen und es klappte wundersamerweise, danach habe ich es nicht mehr in Zweifel gezogen. Ein Aspekt vielleicht noch: DU bist eine andere, als du noch bei Zoé warst, und Ben wird ein anderes Baby sein als deine Tochter. Insofern nicht zu viel vergleichen und nicht zu viel erinnern – die Ausgangssituation ist komplett anders, du hast Ruhe, du hast Erfahrung, Unterstützung -und dein Bauchgefühl! :-)

  • Katrin

    Ich drücke ebenfalls ganz fest die Daumen !!
    Bei mir war der Anfang bei beiden Kindern sehr hart, da ich völlig flache Brustwarzen habe und sowohl die Kinder als auch ich erstmal lernen mussten, damit umzugehen.
    Wochenlang offene, wunde und fürchterlich schmerzende Brustwarzen waren die Folge, etliche Milchstaus und zu allem Überfluß bei Nevio auch noch eine Brustentzündung.
    Mir sind bei jedem Anlegen die Tränen in die Augen geschossen :-(
    Trotzdem habe ich weitergemacht, weil ich unbedingt stillen wollte und den Glauben nie aufgegeben habe, daß es irgendwann besser wird.
    Es wurde besser und ich habe Kind 1 11 Monate gestillt, Kind 2 sogar 13 Monate.
    Das vielleicht als kleiner Mutmacher.
    Ich wünsche eine tolle Geburt und einen positiven Start ins Stillen !
    Liebe Grüße,

    Katrin

  • Janine

    Ich wünsche es Dir von ganzem Herzen! :-)

    Und ich wünsche Dir möglichst wenig klugscheißerische Ratschläge aus Deinem Umfeld, denn die können einem alles madig machen!

    Ich drück dich :-)

  • dickbauchmarie

    ach, cih weiß du kannst es schaffen-nur nicht aufgeben und immer fest an dich und ben glauben.ich hab hier solange gebraucht-so viel schmerzen, rückschläge und dumme kommentare aus dem umfeld („warum tust du dir das an?das ist ja krank!“ war noch harmlos), aber es hat sich gelohnt. die momente beim stillen sind wahnsinnig innig-ein grund warum ich zb. auch aufs tandemstillen verzichte-jedes kind soll siene exklusivzeit ahben-stillen eben nicht nur aus nahrungsaufnahme sondern als kuschelzeit-alleinige mamazeit. es tut mir wahnsinnig gut sie zu haben und ich bin mir sicher, du wirst sie ebenso genießen.
    du schaffst das mit hilfe deines mannes, ich weiß das

  • misslavender

    das hast du so schön geschrieben, da kriegt sogar eine nicht-mama mit null ahnung von stillen und co. gänsehaut!
    ich wünsche euch, dass alles so klappt wie ihr es euch wünscht!
    drück aus der ferne.