Ein halbes Jahr

Kleiner Mensch,

23:20Uhr und ich werde von einer riesigen Welle Sentimentalität erfasst und ich erwische mich doch bei dem Gedanken: Wahnsinn, die Zeit ist so schnell vergangen, Du warst doch erst so winzig. Das kann doch kein halbes Jahr her sein?! Oder doch? Klar ich war dabei. aber es ist mit Dir kleinem Menschen soviel passiert!
In diesen Tagen stand in der Not kurz im Raum, ob Du auf meinem Schoss Autofahren musst und da fing ich fast an zu weinen und drückte Dich panisch an mich: Ich hab dich doch nicht monatelang liebevoll ausgebrütet, bin Monate lang nicht Auto gefahren, also nur in allergrösster Not, nur damit ich mich jetzt so mit Dir in ein Auto setze: Niemals! Aber es war auch kalt! Richtig kalt und so windig… Aber Lisa hat uns gerettet und wir mussten weder was Dummes tun, noch erfrieren.
Ja, genau kein Auto gefahren. Und hassehassehasse es noch. Ich mag meine Füsse. Klar kann man auch sterben, wenn man vor die Haustür tritt, aber laut Statistik, gibts nunmal mehr Verkehrsunfälle, als dass einem vor der Tür ein Klavier auf den Kopf fällt.
(Und die (Ich) hätte gern ein Auto- ich weiss, ich weiss, ich kann Sie mit den Augen rollen hören! :) )
Und ja ich weiss, das Leben ist gefährlich. Und als ich zu Hause ankam, hab ich erstmal ne Runde geheult und mich in den Arm nehmen lassen, denn Auto fahren magst Du auch nicht, Du schreist leider zu oft. Und ich kann nix tun, weil Schoß fällt ja aus, wegen siehe oben.
Jetzt liegst Du hier neben mir und ich höre Dich schlafen. Und wenn ich mag, kann ich meine Hand auf Deinen Kopf legen und Deinen Haarflaum fühlen, so weich und auch so so schön.
Rötlich schimmert Dein Haar im Moment, wer weiss ob es bleibt, denn Deine Wimpern sind meiner Meinung nach nicht so hell wie die von Tom. Vielleicht bekommst du das kastanienfarbende Haar deiner Oma, vielleicht wirst du auch rothaarig.
Jedenfalls hast Du wirklich und definitiv braune Augen und was find ich das schön. Braune Kulleraugen mit langen Wimpern, wie Deine Schwester. Der erste Junge hier mit braunen Augen, wie wir Eltern es uns ganz heimlich gewünscht haben, aber pssst. Wunderschöne grüne und blaue Augen mit langen Wimpern gibt es nämlich schon, zum wegträumen schöne. Und nun sind da diese Deinen Braunen.
Dieses Glänzen und Strahlen in den Augen von so kleinen Menschen wie Dir, als wärt ihr noch so voller Himmel, da liegt soviel Unbeschwertheit und Unbeschriebenheit drinnen. Und wenn Du lachst, sind da kleine Falten. Und Deine Stimme überschlägt sich fast… und quietschen kannst Du!
Als ich Weihnachtskarten geschrieben habe war das so natürlich. Sieben Namen geschrieben in einem Schwung. Wir sind eine Familie.
„Das größte Glück auf Erden“ so nannte ich den Post zu Deiner Geburt und genau so fühlte es sich an. Lange habe ich überlegt, wie ich nur sagen könnte, dass Du endlich da bist und dann kam mir das in den Sinn. Und das bist Du, Du bist das größte Glück seit der Geburt von Zoe, Noah, Tom und Ben.
Ein halbes Jahr ist seitdem vergangen. Ist das nicht verrückt? Und wunderschön! Ich mag dich einfach nur festhalten und genießen. Jede Nacht liegst Du ganz nah bei mir. Du brauchst mich wie ich schon schrieb und ich brauche Dich. Ich finde Zeit für mich zwar auch schön, aber es fühlt sich nicht richtig an. Noch gehören wir beide mehr zueinander, das wird sich in den kommenden Monaten von allein lösen, umso mehr lebe ich das jetzt.
Essen wird mehr und mehr Thema. Wir stillen noch voll, aber ich gebe Dir seit Wochen, was mir so in den Sinn kommt. Am Liebsten magst Du das Innere einer gekochten Kartoffel, aber es gab schon allerhand Verschiedenes- vor allem zum Kosten. Weil aber nicht automatisch bei jeder Mahlzeit etwas für Dich geeignet ist, haben wir auch Gläser gekauft. Wenn Du gut drauf bist, isst Du schon mal so ein Halbes. Aber wir sind da ganz ungezwungen, weil es eh nur um Monate geht, dann isst Du ja bei uns mit. Vorallem merke ich wie die anfängliche Euphorie weicht und ich gar keine Lust hab, Dich bei den Mahlzeiten mit dem Löffel zu füttern, lieber drück ich Dir was in die Hand oder füttere Dich mit Brötchenfluff. Wie gesagt, das wird sich finden, ich bin da ganz entspannt und trotz Deiner zwei Zähne klappt das Stillen einfach noch zu gut.
Du robbst. Ich habe wirklich gegoogelt, was das genau bedeutet, ob es das richtige Wort ist. Du krabbelst nicht, aber Du schiebst die Knie doch unter Deinen Po und holst so Schwung, nicht einzig allein Deine Hände ziehen Deinen Körper so, sondern Deine Beine arbeiten mit. Das heißt Du umkreist den ganzen Raum, nichts ist mehr sicher. Du schnappst dir den Mülleimer, kippst ihn um und holst dann alles raus, wenn man Dich denn lassen würde. Und wenn man etwas wirklich interessantes vor Dich legt und es rollt Dir weg oder es rutscht Dir aus den Händen, machst Du Dich auf den Weg hinterher. Das sieht so süss aus. Und es macht mich so unglaublich stolz zu sehen, wie Du wächst (und wie!) und Dich entwickelst (und wie!)- ohne unser Zutun übst Du jeden Tag und bringst Dir selber all das bei.
Du bist so wahnsinnig kräftig, ich würde nicht schaffen Beine und Arme so lange vom Körper gestreckt zu halten auf dem Bauch liegend. Ich weiß nicht, wie Du das schaffst. Und noch immer ist es wirklich eine Wonne, ein anderes Wort gibt es dafür nicht, zu sehen wie Du mit deinen Beinen wedelst, wenn Du aufgeregt bist oder Dir was Spaß macht, dieses Strampeln ist einfach so unendlich niedlich und ich muss es einsaugen und konservieren, meine Erinnerungen.
Du mein Herz, ich bin so dankbar, dass es Dich gibt, dass Du unser Leben so bereicherst und genau das tust Du, nach wie vor, nie wirklich niemals war ich müder als jetzt, aber ich bin so glücklich, dass wir eine Familie sind. Ich wollte Dein Lachen sehen, Dich wachsen, Dich tragen und stillen, Dich beschnuppern, Dich lieben- und das tu ich.
Wir passen weiterhin auf Dich auf und lieben Dich- Alle zusammen, denn du hast die tollsten Geschwister der Welt!

Ich liebe Dich!

2 Kommentare